In der Kantine des Informatik-Unternehmens Vector steht Haute Cuisine auf dem Speiseplan. Sie wird vom Schwarzwälder Gourmethotel Traube Tonbach betrieben. Können sich die Mitarbeiter das überhaupt leisten?

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)

Stuttgart - Erneut ist die Mitarbeiterverpflegung bei Vector in Stuttgart zur besten Deutschlands gewählt worden. Die Kantine wird vom Schwarzwälder Gourmethotel Traube Tonbach betrieben. „Günstig ist nicht der erste Fokus“, sagt Chef Sebastian Finkbeiner im Interview.

 

Herr Finkbeiner, passt das zusammen: Feinschmeckerhotel und Kantinenverpflegung?

Es war eine gewagte Idee und hat Überredungskunst gekostet. Der Vector-Geschäftsführer Thomas Beck war schon mehrfach bei uns im Hotel zu Gast. So sind wir ins Gespräch gekommen. Er wolle etwas richtig Gutes für die Mitarbeiterverpflegung. Frische, gesunde Küche, erklärte er damals. Die Partnerschaft ist dann langsam gewachsen. Jetzt ist ein kleiner Betrieb daraus entstanden, und wir sind froh, dass wir es machen durften. Aber die Traube Tonbach ist sicher nicht der Kantinen-Caterer für jedermann.

Weil nur gut verdienende Informatiker und Ingenieure sich das Essen leisten können?

Die erste Frage der Mitarbeiter lautete tatsächlich: Können wir uns das Mittagessen dann noch leisten? Die Antwort ist, ja. Es gibt täglich ein Essen für 2,50 Euro, die Obergrenze liegt bei 5,50 Euro.

Lässt sich denn so günstig Haute Cuisine kochen?

Der erste Fokus bei der Kantine liegt sicher nicht auf günstig. Normalerweise beträgt der Wareneinsatz in Betriebsrestaurants höchstens vier Euro pro Essen. Wir sind natürlich darüber, etwa um ein Drittel. Die Firma sponsort es, bei 220 Arbeitstagen mit rund 440 Euro pro Mitarbeiter im Jahr. Das ist in der IT-Branche ein sehr kleiner Beitrag, aber der Effekt ist sehr groß. An Bonuszahlungen gewöhnt man sich. Aber eine Kantine zeigt den Mitarbeitern jeden Tag, wie sehr sie wertgeschätzt werden.

Kochen Sie in der Kantine wie in der Traube Tonbach?

Auf zwei Ebenen haben wir die gleichen Qualitätsstandards wie im Hotel. Das klappt auch bei 1200 Mittagessen sehr gut. Wir bekommen die Lebensmittel von kleinen, regionalen Lieferanten. Das ist ein sehr großer Unterschied zu Großkantinen. Außerdem verzichten wir auf Convenience-Produkte wie fertigen Kartoffelsalat. Bei uns wird jede Soße vom Knochen an zubereitet. Wir machen allerdings nicht nur Haute Cuisine, es gibt auch Currywurst und Maultaschen.

Aber wenn Gourmetküche, was steht dann auf der Karte?

Loup de mer im Salzmantel zum Beispiel oder Kalbsfilet im Maisbiskuit mit Haselnuss-Schupfnudeln und Rahmwirsing. Diesen Donnerstag kocht Torsten Michel von der Schwarzwaldstube bretonischen Hummer mit grünem und weißem Spargelragout mit Spitzmorcheln im Hummersud. Da werde ich auch dabei sein.

Seit 230 Jahren im Familienbesitz

Familie
: Das Fünfsternehotel Traube Tonbach in Baiersbronn befindet sich seit mehr als 230 Jahren in Familienbesitz, Heinz Finkbeiner ist der aktuelle Chef. Als einer der beiden Juniorchefs hat Sebastian Finkbeiner den Geschäftsbereich Betriebsverpflegung übernommen. Der 40-Jährige absolvierte eine Kochlehre, ist Hotelbetriebswirt und hat einen Bachelor in Hotelmanagement.

Betrieb
: Zur Traube Group gehört außerdem das Hotel Schloss Monrepos sowie das Neue Schloss Meersburg als Eventlocation. Der Kantinenbereich wird ausgebaut: Für Vector kommen drei neue Standorte hinzu. Auch von anderen Unternehmen gibt es Anfragen.