In Jugendhäusern und auf Aktivspielplätzen ist trotz Schließung viel Betrieb. Bürgermeisterin Isabel Fezer will ihnen Förderung in voller Höhe gewähren. Das Finanzreferat und die CDU üben Kritik.

Stuttgart - Wir sind da“ lautet das Motto der Mobilen Jugendarbeit. Trotz Corona haben die beiden Träger, Evangelische Gesellschaft (Eva) und Caritas, die Arbeit fortgesetzt. Die Jugendsozialarbeiter haben neue Medien genutzt und auf Youtube zum Basteln eingeladen. Einige Clubs kochen per Videochat, in gewisser Weise gemeinsam. Andere treffen sich zu Online-Sportübungen. „Am wichtigsten ist uns, mit den Kindern, Jugendlichen und mit den Familien in Kontakt zu bleiben und weiter Angebote für sie zu machen“, sagt Cathrin Maier von der Bereichsleitung.

 

Bürgermeisterin will aufstocken

„Unsere Leute sind immer dort eingesetzt worden, wo Arbeit war“, sagt Klaus Käpplinger, der Eva-Vorstandsvorsitzende, „in den stationären Wohngruppen, in der Notbetreuung, in der Einzelberatung und ohne Unterbrechung in der Einzelfallhilfe.“ Die sozialen Träger und die der Behindertenhilfe können wegen ihrer Zwangsschließung 75 Prozent ihrer Förderung von der Agentur für Arbeit auf Basis des Sozialdienstleister-Einsatzgesetzes (SodEG) erhalten. Das Referat Bildung und Jugend von Bürgermeisterin Isabel Fezer (FDP) plädiert dafür, für die restlichen 25 Prozent mittels einer freiwilligen städtischen Leistung aufzustocken. Je Fördermonat würden sich die Kosten auf rund 800 000 Euro belaufen. Auch beim Kurzarbeitergeld soll die Stadt drauflegen.

Gab es Kurzarbeit auf der Jugendfarm?

Das Referat Wirtschaft, Finanzen und Beteiligungen von Bürgermeister Thomas Fuhrmann (CDU) befürwortet den Vorschlag nicht, auch auf die Aufstockung von Kurzarbeitergeld „sollte vor dem Hintergrund der finanziellen Belastungen des städtischen Haushalts durch die Corona-Krise zu diesem Zeitpunkt verzichtet werden“, heißt es in der Stellungnahme. Das Finanzreferat hat die Auswirkungen der Pandemieauf einen Betrag zwischen knapp 560 Millionen Euro und schlimmstenfalls 856 Millionen Euro geschätzt. Die CDU im Gemeinderat hält einen „differenzierten Blick auf den Sachverhalt für unabdingbar“ und will unter anderem im Jugendhilfeausschuss diesen Montag wissen, wie viele Einrichtungen kurzarbeiten.

Kreative Alternativen

Dass es Auszeiten gab Ende März und im April, sei unstrittig, sagt Uwe Hardt, der Vorstand der Caritas Stuttgart. „Aber da wurden eben Überstunden abgebaut und Einrichtungen auf Vordermann gebracht, wir haben uns immer bereit gehalten für die Stadt.“ Auch die Mitarbeiter der Jugendhäuser kennen keinen Leerlauf: „Jede Einrichtung hat ihren eigenen Angebotsmix gemacht, wie beispielsweise das Kinder- und Jugendhaus Möhringen mit seinen Bastelboxen“, sagt Sylke Bernet von der Geschäftsstelle der Jugendhausgesellschaft. „Auf die Online-Angebote gab es in den vergangenen acht Wochen durchschnittlich 500 Zugriffe täglich und mit zunehmender Einschränkungsdauer haben wir die Beratung ausgebaut, weil der Gesprächsbedarf zunahm“, sagt sie. „Mittlerweile leisten 30 pädagogische Fachkräfte pro Woche rund 70 Stunden Beratung.“ Im Jahr 2019 verzeichnete die Jugendhausgesellschaft rund 900 000 Besuche von Jugendlichen.

Begehrlichkeiten wegen der Pfingstferien

Die Erwartungen sinken nicht. „Wir sind schon wegen der Betreuung in den Pfingstferien angesprochen worden“, bestätigt Uwe Hardt von der Caritas. Seit die Spielplätze wieder benutzt werden dürfen, ist auch für die Freiflächen der Aktivspielplätze, Jugendfarmen und Jugendhäuser die Schranke gefallen, zum Beispiel am Aktivspielplatz Raitelsberg. „Vormittags ist unser Außengelände reserviert für Familien in sozialen Notlagen, die in Begleitung von Jugendamtsmitarbeitern zu uns kommen“, sagt der ehrenamtliche Leiter Andreas Pohl. Seit einer Woche dürften Kinder auch ohne Begleitung von Erwachsenen am Nachmittag kommen, Wohngruppen habe man in die Versorgung der Tiere eingebunden.

Land arbeitet noch an Regelungen

Die SPD-Fraktion möchte zudem ein Konzept für „geschlossene Einrichtungen als Spiel-, aber auch als ruhigen Lernort“, heißt es in ihrem Antrag. Die CDU fordert eine Prüfung, ob Jugendhäuser zur schulischen Notbetreuung genutzt werden könnten. Dazu bedürfte es allerdings einer neuen Corona-Verordnung vonseiten der Landesregierung. Das Sozialministerium stellte auf Anfrage noch keinen Termin in Aussicht. Man arbeite „mit Hochdruck an einer sachgerechten Konzeption der notwendigen Rahmenbedingungen“.