Massimo Morales, der Trainer des Fußball-Drittligisten Stuttgarter Kickers, verspricht sich viel von Patrick Milchraum. Der Mann für die linke Seite ist weit herumgekommen: Er spielte schon in Aachen, Aue oder Tiflis. Selbst in Stuttgart ist er kein Unbekannter.

Sport: Joachim Klumpp (ump)

Stuttgart - Patrick Milchraum weiß die Vorteile der Heimat zu schätzen. Nicht der Spätzle von Muttern wegen. Auch die rund fünf Kilometer vom Trainingsgelände des Fußball-Drittligisten Stuttgarter Kickers zur Wohnung in Möhringen können sich sehen lassen. Das spart Sprit und Zeit. Kein Vergleich zu seiner letzten Station: Tiflis. Knapp 3000 Kilometer Luftlinie nach Stuttgart, kein Direktflug, sondern Zwischenlandung in Istanbul. Das war kein Dauerzustand für einen Vater mit zwei kleinen Kindern: vier und 20 Monate alt.

 

Kein Wunder, dass die Familie deshalb schnell ihr Okay gab für einen Wechsel. Zurück zu den Wurzeln. Denn in Degerloch ist Milchraum groß geworden, hat von 2002 an zwei Jahre bei den Blauen gekickt. „Er ist also auch eine Identifikationsfigur“, sagt der Trainer Massimo Morales – obwohl er sich in der Vita des Neuzugangs nicht bis ins Detail auskennt. Mindestens genauso wichtig: er bringt (internationale) Erfahrung mit, „das hat uns letzte Saison vielleicht etwas gefehlt“. Der Italiener glaubt darin einen Grund zu erkennen, warum die Mannschaft quasi bis zur letzten Minute gegen den Abstieg kämpfen musste. „Der Klassenverbleib ist das erste Ziel“, sagt Milchraum, „den wollen wir möglichst früh unter Dach und Fach bringen.“

Milchraum war schon mal da – als Trainingsgast

Patrick Milchraum war vor drei Jahren schon mal in Degerloch – als Trainingsgast. Doch damals spielten die Kickers noch in der Regionalliga, zudem kam ein Angebot des Zweitligisten Erzgebirge Aue, da zogen die Kickers den Kürzeren. Diesmal war das anders. Die Kickers waren seine erste Adresse. Innerhalb von zwei Tagen war alles in trockenen Tüchern mit dem Zweijahresvertrag. Denn Geld hat nicht die entscheidende Rolle gespielt. Sonst hätte Milchraum im georgischen Tiflis bleiben müssen: „Da war es billig.“ Niedere Lebenshaltungskosten, höheres Gehalt – aber man kann eben nicht alles haben.

Zumal er das Niveau der dortigen Liga realistisch einschätzt. „Das lag zwischen der unteren zweiten Liga und der Oberliga“, sagt der 29-Jährige, soll heißen: das Gefälle war sehr groß. 22 Spiele (ein Tor) absolvierte er seit Januar für Dinamo, das mit Milchraum Meister und Pokalsieger wurde. Auch sonst stimmte es. „So ein Trainingsgelände habe ich selten gesehen“, gerät der Spieler fast ins Schwärmen– es fehlte an nichts.

Viererkette oder Außenbahn?

Obwohl Milchraum links in der Viererkette spielte, „das ist nicht gerade meine Lieblingsposition“. Die soll er bei den Kickers auch nicht bekleiden, Morales hat beim ersten Test am Mittwoch (18 Uhr in Gerolfing gegen Ingolstadt) andere Pläne: halblinks, sofern er ein 4-3-3-System wie in der Vorsaison favorisieren sollte. Oder auf der linken Außenbahn.

„Mit seinem linken Schuss bringt er ein hohe Qualität ein“, sagt der Trainer nach seinen ersten Einrücken, fügt aber hinzu: „Er muss sich wie jeder andere auch im Training anbieten.“ Das weiß Milchraum, der keine überzogenen Erwartungen schürt. Führungsspieler? „Das kommt dann von alleine“, sagt er zurückhaltend. Was Morales’ Eindruck bestätigt. „Er ist ein ruhiger Spieler, aber ehrgeizig.“

Die Kickers nie aus dem Auge verloren

Über die Zweitligisten 1860 München, Alemannia Aachen („Dort hatte ich vielleicht meine besten Spiele als offensiver Mittelfeldspieler“), Aue, den Karlsruher SC und Tiflis ist er wieder in Stuttgart gelandet. „Ich habe die Kickers nie aus dem Auge verloren“, sagt der ehemalige Juniorennationalspieler (18 Spiele, zwei Tore), und wenn’s nur via Internet war.

Jetzt ist er wieder live dabei, Enzo Marchese kennt er noch aus seiner Jugendzeit, andere Spieler von seinem Gastspiel vor drei Jahren. Das eine oder andere neue Gesicht wird noch dazukommen. Ein Torwart zum Beispiel. Zu dieser Position hat Patrick Milchraum einen besonderen Bezug: sein Bruder Markus spielt beim SV Vaihingen.