Die Ära Christian Dinkelacker bei den Stuttgarter Kickers ist zu Ende. Sein bisheriger Stellvertreter Alexander Lehmann übernimmt den Aufsichtsratsvorsitz. Was steckt hinter dem Stühlerücken bei den Blauen?

Sport: Jürgen Frey (jüf)

Stuttgart - Dass er am Ende seiner Amtsperiode 2021 aufhören wird, hatte Christian Dinkelacker bereits bei der Hauptversammlung 2018 angekündigt. Nun hat der bisherige Aufsichtsratsvorsitzende des Fußball-Oberligisten Stuttgarter Kickers (seit 2010 Leiter des Gremiums) schon früher diesen Posten zur Verfügung gestellt. „Ich habe mir das sorgfältig überlegt, aber ich kann einfach die Zeit nicht mehr aufbringen, um das Amt in diesen schwierigen und herausfordernden Zeiten so auszufüllen, wie ich mir das vorstelle“, sagte der 56-Jährige und ergänzte gegenüber unserer Zeitung: „Ich gehe nicht im Groll und hinterlasse keinen Scherbenhaufen.“

 

Gesicht des Gremiums

Dass die Kickers sportlich in der fünften Liga gelandet sind, trifft ihn, davon unabhängig, sehr hart: „Dieser Makel bleibt und den Schuh muss ich mir anziehen.“ Präsident Rainer Lorz bedauert den Abgang seines langjährigen Wegbegleiters: „Christian Dinkelacker hat ehrenamtlich anderthalb Jahrzehnte lang unheimlich viel Energie, Einsatz und Mittel in diese Aufgabe investiert. Er war gerade mir persönlich ein enger und stets zu 100 Prozent verlässlicher Partner. Er war das Gesicht dieses Gremiums und hat den Verein in den vergangenen Jahren entscheidend mitgeprägt.“

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Dinkelackers Nachfolger wird Alexander Lehmann. Er geht die Herausforderung optimistisch an. „Ich freue mich auf diese Aufgabe“, sagte der 51-jährige geschäftsführende Gesellschafter der Minol-Unternehmensgruppe, „bedauere es aber außerordentlich, dass Christian Dinkelacker nicht mehr zur Verfügung steht“. Lehmann ist seit 2006 im Aufsichtsrat und seit zehn Jahren stellvertretender Vorsitzender dieses Gremiums. Die Führungsaufgabe ist kein Neuland für Lehmann, zu dessen Stellvertretern die Aufsichtsräte Olaf Gerber und Philip Pfeiffer gewählt wurden.

Mann mit klarer Meinung

Sein erstes Ziel formuliert Lehmann wie folgt: „Wir müssen die Rahmenbedingungen schaffen, dass unser Verein weiterhin ohne größeren Schaden durch diese schwierige Zeit kommt, damit wir die sportlichen Ziele erreichen können, wenn es wieder los geht.“ Lehmann gilt als Mann mit klarer Meinung, der die Dinge aber differenziert betrachtet. „Er ist kein Pseudo-Diplomat, aber auch kein Haudrauf. Er ist ein Mann, der mobilisieren kann“, sagt ein langjähriger Mitstreiter.

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Auch im Präsidium des Vereins gibt es Veränderungen. Rainer Thiel (71), bisher zuständig für Sonderprojekte und andere Abteilungen (Leichtathletik, Handball, Tischtennis, Schiedsrichter), scheidet auf eigenen Wunsch aus dem Amt aus. Sein Nachfolger wird das bisherige Aufsichtsratsmitglied Jürgen Kindler. Der 48-jährige geschäftsführende Gesellschafter der Hoch- und Stahlbetonbau Kratzer + Rieber GmbH & Co. wird im Präsidium der Kickers vor allem für die Fortentwicklung und Verbesserung der Infrastruktur verantwortlich sein.

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Bleibt die Frage, ob das Stühlerücken noch andere Hintergründe hat? Dinkelacker jedenfalls verneint dies ausdrücklich. Auffallend ist, dass es in der Führungsetage der Blauen immer mehr Personen vertreten sind mit einer gemeinsamen Linie zu den Hauptgeldgebern Porsche, MHP und Günter Daiss. Was in der Branche aber absolut nichts Ungewöhnliches ist. Daiss (81) ist Kommanditist der KG von Kratzer + Rieber, dem Arbeitgeber von Kindler. Im Präsidium sitzt auch Christian Hutter, ebenfalls mit einem Draht zu Daiss, der von 1994 bis 2000 Vizepräsident war und seit 1. Januar 2020 wieder als kooptiertes Aufsichtsratsmitglied der Blauen fungiert.

Dinkelacker unterstützt Kurs

Dem Kontrollgremium gehören zudem Ralf Hofmann (Vorsitzender der Geschäftsführung von MHP) und Porsche-Finanz-Vorstand Lutz Meschke an. Der PR-Experte Roland Eitel übt kein Amt aus, gilt aber als beratendes Bindeglied zwischen Verein und den Geldgebern. Dinkelacker sagt: „Ich liege mit keinem der Personen über Kreuz, ich unterstütze vielmehr diesen Kurs. Nicht nur Günter Daiss hat Worten auch Taten folgen lassen.“

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Was ganz gut ins Bild passt: Die Schwiegermutter des neuen Aufsichtsratschef Lehmann ist mit Wolfgang Porsche verheiratet.