Gegen Bielefeld saß Enzo Marchese nur auf der Tribüne. Zuvor hatte der Kickers-Kapitän gemeinsam mit dem Spielerrat die Taktik des Trainers infrage gestellt. Doch Gerd Dais sagt, das eine habe mit dem anderen nichts zu tun.

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

Stuttgart - Als das Vormittagstraining auf Degerlochs Höhen gelaufen war, fuhren die Kickers-Spieler Enzo Marchese und Sandrino Braun gemeinsam hinunter in die Stadt, um einen Kaffee zu trinken. Das ist insofern bemerkenswert, konkurrierten die beiden zuletzt doch um die Position in der Mittelfeldzentrale. Beim 1:1 gegen Bielefeld spielte Braun – doch der ist für die Fußball-Drittligapartie am Samstag (14 Uhr) beim Spitzenreiter Karlsruher SC nach der zehnten Gelben Karte gesperrt.Dass im Mittelbadischen nun aber wieder Enzo Marchese in der Startelf steht, gilt dennoch als keineswegs sicher – auch wenn der Trainer Gerd Dais sagt: „Enzo ist durchaus eine Option – sein Einsatz hängt aber von unserer gesamten taktischen Formation ab.“ Die Grundordnung der Stuttgarter Kickers ist es auch gewesen, die bei einer Unterredung des Spielerrates mit dem Trainergespann – Dais, seinem Assistenten Jürgen Hartmann und dem Torhütertrainer Tobias Linse – in der Vorwoche im Vordergrund gestanden hat. Darin forderten die Spieler, darunter der Kapitän Enzo Marchese und der Innenverteidiger Simon Köpf, ihren Chefcoach nach zu diesem Zeitpunkt noch vier Niederlagen in Serie auf, künftig doch etwas offensiver, also mit mehr Gegenpressing spielen zu lassen. Die Diskussion ist nach Angaben von Gerd Dais „sachlich“ gewesen: „Es sind auch ein paar harte Worte gefallen. Einen großen Knatsch hat es aber nicht gegeben.“

 

Dies ist insofern wichtig, hatten sich doch viele Fans und Beobachter auf der Haupttribüne anlässlich des Bielefeld-Spiels gewundert, dass Simon Köpf und Enzo Marchese nicht mehr wie zuvor in der Startelf standen. Marchese, der in den Partien davor nicht gut gespielt hatte, fand sich nicht mal mehr im 18-Mann-Kader wieder, sondern musste von der Tribüne aus zuschauen. Für den Kapitän, der bei den Kickers von den jungen Spielern „Papa“ genannt wird, saß Marcos Alvarez auf der Bank. Der Stürmer war gerade erst wieder von einer Muskelverletzung genesen.

„Die Entscheidungen hatten rein sportliche Gründe“

„Die Entscheidungen, Simon Köpf und Enzo Marchese rauszunehmen, hatten rein sportliche Gründe. Jeder, der etwas anderes behauptet, will nur Unruhe stiften“, sagt Dais zu aufkommenden Gerüchten, er hätte sich mit dem Duo überworfen. Zumal ebenfalls vor dem Bielefeld-Spiel der Abschied von Köpf nach dem Saisonende durchgesickert war, dessen anhaltende Kniebeschwerden nach Angaben des Vereins keinen professionellen Fußball mehr zuließen. Gerne hätten die Kickers diese Personalie erst nach Rundenschluss bekanntgegeben, um Unruhe zu vermeiden.„In der Form, in der sich Enzo Marchese vor dem Bielefeld-Spiel präsentiert hat, war er keine Alternative für die Startelf“, sagt Dais, „Nibelungentreue bringt nichts, wenn von den Spielern nichts kommt.“ Dennoch versichert der Kickers-Chefcoach, dass sowohl Marchese als auch Köpf, der gegen die Arminia im Abwehrzentrum von Patrick Auracher solide ersetzt wurde, „künftig noch gebraucht werden“.

Auch wenn Gerd Dais begründet („Ich muss schauen, wer bringt mir in den letzten 15 Minuten mehr: Marchese oder Alvarez?“), so war es in der Außenwirkung kein gelungener Schachzug, seinen Kapitän auf die Tribüne zu beordern. Schließlich ist Marchese die große Identifikationsfigur, der Kopf des Teams. Eine Interviewanfrage mit dem 29-Jährigen wurde von den Kickers abgelehnt. Marchese, so hieß es, solle sich voll auf den Sport konzentrieren.