Seit Samstag ist die Innenstadt fest in der Hand der Kinder und Familien. Rund um den Schlossplatz und den Eckensee findet an diesem Wochenende nämlich das Stuttgarter Kinder- und Jugendfestival statt.

Lokales: Wolf-Dieter Obst (wdo)

Stuttgart - Tanzen mit den vielen Maskottchen auf der Bühne - das macht auch Leni Spaß. Die Vierjährige macht ja schon Ballett und Turnen im Verein. Und sie ist die Tochter von Fred-Jürgen Straubinger, dem Präsidenten des Sportkreises Stuttgart. Nur das Klettergerüst der Akrobaten von Parkour ist ihr ein bisschen zu hoch: „Das will ich nicht machen“, sagt sie ihrem Papa. Hoch droben auf seinem Arm ist es aber auch nicht schlecht beim Rundgang über Schlossplatz und Eckensee beim 15. Kinder- und Jugendfestival Stuttgart.

 

Seit Samstag ist die Stuttgarter Innenstadt fest in der Hand der Kinder und Familien. Die Invasion wurde offiziell ausgerufen von City-Managerin Bettina Fuchs: „Nehmt eure Stadt in die Hand, probiert alles aus!“ Auf 80 000 Quadratmetern bieten 45 Vereine bis Sonntagabend mehr als 120 Mitmachaktionen. Und alles bei strahlendem Sonnenwetter. Da strahlen auch die Veranstalter von Sportkreis Stuttgart, City Initiative Stuttgart (CIS), Agentur KMR und der Stuttgarter Zeitung.

Heiß ist es in der City

„Wir brauchen starke und gesunde Jugendliche“, sagt Sozialbürgermeisterin Isabel Fezer, „und diese Veranstaltung ist ein großer Beitrag dazu.“ In einer Zeit, in der Kinder immer öfter Bewegungsprobleme hätten, sei dies enorm wichtig. Beim Festival gibt es Bewegung aller Art: Die Seilbahn über den Eckensee, die Wurftorwand der American Footballer, der Drahtseilakt auf der Slackline, der Pumpenkurs – neudeutsch: Pump Track – für Rollerfahrer des Deutschen Alpenvereins Sektion Schwaben, der Barfuß-Sinnespark.

Heiß ist es in der City. Wie damals vor 15 Jahren, als alles begann. Als der damalige Sportkreisvorsitzende Werner Schüle bang gefragt wurde, wie denn das Wetter würde. „Das wird bestens“, hatte er gesagt und seinen Ruf als Wetterprophet begründet. „Ich wünsche uns ein weiter tolles Wetter“, sagt Joachim Dorfs, Chefredakteur der Stuttgarter Zeitung, „auch wenn es den Maskottchen sehr heiß werden dürfte.“

Und doch gibt es reichlich Geheimnisse. Etwa, wer unter all den Maskottchen steckt. Biene Maja, Pinguin Paul, AOK-Jolinchen, der Bär der Aktion Kinder im Krankenhaus. Oder das Schlossgespenst vom Kindermuseum Junges Schloss. In diesem Fall steckt Katharina darunter, 19 Jahre, Mitarbeiterin beim Jungen Schloss. Wie lange sie aushalten muss? „Puh, eine halbe Stunde vielleicht noch“, sagt das Gespenst. Dabei darf es gar nicht sprechen. Aber die Hitze...

Bei der Kinderkochschule gibt es auch ein Geheimnis

Bei der Kinderkochschule der Stuttgarter Zeitung gibt es auch ein Geheimnis. Wie zum Beispiel schafft es Zauberer Peter „Luigi“ Jagusch, einen Löffel in den Mund zu nehmen, ihn mit der Zunge zu drehen – und eine Gabel herauszuziehen? Luigi verrät nur: „Man braucht dazu einen guten Zahnarzt.“

Und einen guten Appetit! Noel und Jannik, zwei Neunjährige aus Berglen im Rems-Murr-Kreis, sind schon das dritte Jahr in der Kinderkochschule von Andrea Lange und Florian Fleischmann. „Das ist cool, und die Mitarbeiter sind nett“, sagt Noel. „Wenn man es selber macht, schmeckt’s einfach besser“, sagt Jannik. Sein Papa Marius Lenhardt leidet dagegen: „Da kriegt man nichts ab, keine Chance.“

Übrigens: Der Nachtisch, Pfannkuchen mit Früchten, das ist der Renner. Weil dieser Kursteil für die Neun- und Zehnjährigen ist, und die sind offenbar im richtigen Alter fürs Kochen. „Das ist tatsächlich auffällig“, sagt Kochschulemacher Florian Fleischmann, „wir haben sehr viele Wiederholungstäter.“ Für die älteren Kinder ist es offenbar nicht so cool, sich eine Schürze umzuhängen und eine Kochmütze aufzusetzen. „Das kommt dann erst wieder mit 17“, sagt Andrea Lange.

Sonntag ist der große Slackline-Tag

Und plötzlich Panik und Geschrei. Sicherheitsmann Patrick Rieckmann weiß nicht, wie ihm geschieht, als sich „Tausende kreischende 14-jährige“ auf einen Jungen stürzen. Zusammen mit einem Helfer versucht er den Jungen zu schützen und rettet ihn ins Café Künstlerbund. Die Polizei fährt in der Bolzstraße auf. „Ich dachte erst, das wäre Justin Bieber“, sagt Rieckmann. Es ist aber nur der aus dem Internetkanal Youtube bekannte Jounes Amiri. Der Zufluchtsort des 15-Jährigen wird über eine Stunde von den Teenies belagert. Die Mädchen haben vor Aufregung Tränen in den Augen.

Wer die Seilbahn der Evangelischen Jugend über den Eckensee nutzen will, braucht viel Geduld. Die achtjährige Elisabeth aus Stuttgart wartet am Nachmittag lange in der Schlange. „55 Minuten“, sagt sie. „Und das in der gleißenden Sonne“, ergänzt ihr Papa. Deshalb hätten manche Mütter für ihre Kinder zeitweise Platzhalter gespielt - „und sind dafür leider bös getadelt worden“.

Sonntag ist übrigens der große Slackline-Tag - mit den Meisterschaften der Spannseil-Akrobaten. Organisator Bernd Lohmüller von Slackline Stuttgart freut sich auf Meister wie Abraham Hernandez aus Chile, Haruki Kinoshita aus Japan oder Alex Mason aus den USA. Und darauf, dass die Ausrichter unter einem Riesenbaum beim Staatstheater schön im Schatten stehen. Nur die Sportler auf dem Seil werden in der Sonne schwitzen.