Die alten Fernsehstudios bei der historischen Villa Berg kommen weg. Jetzt ist die Frage, ob dort ein Konzerthaus wünschenswert wäre. Zwei Fraktionschefs liebäugeln damit, einer lehnt es ab. Doch das sind erste Signale, noch keine Entscheidung.

Stuttgart - In der Diskussion über ein neues Konzerthaus für Stuttgart gibt es plötzlich wieder Bewegung – seit die Suche nach einem Standort für eine Interimsoper im Nebenprodukt mögliche Standorte für eine Philharmonie abwarf. Sowohl gegenüber vom Linden-Museum wäre sie demnach möglich als auch im Park der Villa Berg, wo verlassene Fernsehstudios verfallen. Am Dienstag ließen im Gemeinderatsausschuss für Umwelt und Technik schon in diesem frühen Stadium zwei Fraktionschefs ihre Sympathie für den Parkstandort durchblitzen. Mit der Entscheidung ist noch nicht so schnell zu rechnen.

 

Er habe Zweifel, dass in die enge Innenstadt auch noch das Konzerthaus reingepresst werden müsse, das andererseits „absolut erforderlich und notwendig“ sei, sagte Alexander Kotz (CDU). Zugleich warf er die Frage auf, ob man die Innenstadt nicht endlich größer denken müsse. Schließlich sei Stuttgart mit Umland im Grunde eine „Zwei-Millionen-Menschen-Stadt“. So gesehen sei der Park der Villa Berg durchaus in der Innenstadt, sagte Kotz, der damit sicherlich auf das anspielte, was Konzertveranstalter Michael Russ zuvor exklusiv in den Stuttgarter Nachrichten empfohlen hatte: beim Konzerthausbau den Mut zu einem innerstädtischen Standort zu haben. Jürgen Zeeb (Freie Wähler) wurde schwärmerischer: Ein Konzerthaus in diesem Park könnte ein  „weiteres städtebauliches Highlight“ sein – allerdings baulich auch eine „große Herausforderung“. Die Grünen hielten sich in der Sitzung und danach bedeckt. Sie zeigten sich lediglich erfreut darüber, dass neben geeigneten Standorten für ein Operninterim auch Orte eruiert wurden, an denen ein neues Konzerthaus entstehen könnte. „Das zeigt, dass wir es in Stuttgart ernst meinen mit einer neuen Philharmonie“, erklärte Fraktionschef Andreas Winter in einer Pressemitteilung. Er befürwortet weitere „ergebnisoffene Prüfungen“, hat aber eine gewisse Präferenz für den innenstadtnäheren Standort. Winter könnte sich vorstellen, dass der Gemeinderat im Lauf des kommenden Jahres einen Zielbeschluss für den Bau und den angepeilten Standort fasst.

Protest meldete in der Sitzung Martin Körner (SPD), früherer Bezirksvorsteher von Stuttgart-Ost, an: Man könne nicht über viele Jahre hinweg der Beseitigung der Studios, der Rekultivierung und der Wiederherstellung des Parks das Wort reden und dann ein Konzerthaus hineinbauen wollen.

Bezirksvorsteherin im Osten ist skeptisch

Das durfte OB Fritz Kuhn (Grüne) durchaus auch auf sich beziehen. Er hatte schon 2015, als die Stadt den Kauf der Villa Berg und der Fernsehstudios bekannt gab, den Parkfreunden Hoffnung gemacht: Wenn die Studios verschwänden, könne man sich die Anpassung des Parks mit einem historisierenden Konzept vorstellen, aber auch eine zeitgemäße Ergänzung des restlichen Parks mit einem „historisierenden Konzept“. An einen Gebäudeneubau dachte im Rathaus, nachdem man Wohnungsbaupläne der Villa- und Studiobesitzerin PDI abgelehnt hatte, damals niemand mehr. PDI hatte sich auch ausbedungen, dass die Stadt nach dem Kauf die Studios bis Ende 2020 abbricht und die Wiederherstellung der Grünfläche einleitet. Just an diesem Freitag sollen die Stadträte den 5,5 Millionen Euro teuren Rückbau genehmigen. Von der Verwaltung heißt es, der alte Vertrag müsse kein Hindernis sein. Die Rechte daran liegen inzwischen bei der Schweizer SSN Group – und mit ihr kann sich die Verwaltung offenbar eine Einigung vorstellen. Auf einem anderen Blatt steht, was die Bürger im Stadtbezirk davon halten würden. Die amtierende Bezirksvorsteherin Tatjana Strohmaier (CDU) ist skeptisch – wegen der Verkehrserschließung und der Bedeutung der Rekultivierung.

Philharmonie hat für Stadtverwaltung „ganz hohe Priorität“

Kulturbürgermeister Fabian Mayer (CDU) sieht die Reize einer Parklösung. Das Konzerthaus und die Villa Berg, die nach dem Bürgerwille ein „Haus für Musik und mehr“ werden soll, könnten sich sinnvoll ergänzen. Man habe bisher zwar das Ziel der Renaturierung verfolgt, ein ästhetischer Kulturbau könne sich aber einfügen. Mayer selbst hat aber noch keinen der beiden genannten Standorte auserkoren. Der Vorteil im Fall Holzgartenstraße – nah beim Kultur- und Kongresszentrum Liederhalle und dem Linden-Museum – läge auf der Hand. Allerdings müsste hier noch das Uni-Institut für Fördertechnik verlagert werden. An beiden Standorten wäre eine Fertigstellung des Konzerthauses binnen sechs Jahren „ambitioniert“. Auf dem früher anvisierten Gelände am Hauptbahnhof wäre der Baubeginn aber frühestens in neun Jahren möglich, weshalb er darin nur noch eine „Rückfallebene“ sehe. Es fehle an Konzerträumen. Mayer: „Das Konzerthaus hat ganz hohe Priorität.“