Drei Wochen nach Veröffentlichung der möglichen Baukosten ist die erste Runde in der Diskussion geschlagen. Eines will dabei offenbar keiner: dem Staatstheater selbst schaden. Und die Bühne möchte vor allem durch Aufklärung Punkte für sich sammeln.

Kultur: Tim Schleider (schl)

Stuttgart - Wenn es um die Zukunft des Stuttgarter Opernhauses geht, ist er der Verhandlungsführer der Staatstheater: Marc-Oliver Hendriks (49), der Geschäftsführende Intendant. Dreimal hatte er bisher Gelegenheit, in Ausschüssen des Gemeinderats die Pläne von Land und Stadt für die Sanierung vorzustellen: im Stadtentwicklungs-, im Städtebau- und im Kulturausschuss. „Jedes Mal war und bin ich angenehm überrascht, wie sachlich und problemorientiert diskutiert wird.“ Natürlich habe die mögliche Gesamtsumme von einer Milliarde Euro für Aufsehen und Schrecken gesorgt; damit sei auch zu rechnen gewesen. „Aber quer durch alle Reihen ist die Politik am Thema Zukunft der Oper interessiert.“ Das mache ihn für das Ergebnis der Debatte „sehr zuversichtlich.“

 

Das ist tatsächlich die größte Überraschung drei Wochen nach der vielleicht historischen Sitzung des Verwaltungsrats der Staatstheater am 5. November: So gespalten die Meinungen auch sein mögen über die Pläne von Kunstministerin Theresia Bauer und Oberbürgermeister Fritz Kuhn (beide Grüne), alle Seiten sind bemüht, die Nöte des Theaters und die Notwendigkeit des Projekts nicht grundsätzlich infrage zu stellen. Ob die CDU-Fraktion im Gemeinderat einen Kostendeckel für die Stadt fordert (offenbar in der Hoffnung, dass das Land dann mehr zahlt) oder die SPD mahnt, für die Stadt müsse ein Städtebauprojekt dieser Größenordnung stärkeren Mehrwert bringen – alle verbinden dies stets mit der Hoffnung, die nötige Debatte dürfe keineswegs zu weiteren jahrelangen Verzögerungen führen.

Die Pläne zum Interim an den Wagenhallen kommen gut an

Überraschend auch die Einmütigkeit, mit der die „sachkundigen Bürger“ – zum großen Teil Vertreter der Kulturszene der Stadt – im Kulturausschuss in der vergangenen Woche die Planungen für die Sanierung begrüßt hatten. Unmittelbar nach der Verwaltungsratssitzung hatte der Tanzkompaniechef Eric Gauthier in einem Beitrag in einem sozialen Netzwerk noch scharf kritisiert, die Kulturpolitik messe beim Finanzbedarf für die Staatstheater und das Theaterhaus offenbar mit zweierlei Maß. Doch zumindest auf der offiziellen Ebene vermeidet die Szene einen Konflikt zwischen Hoch- und Populärkultur. Sicher auch, weil man mit der Idee des Oberbürgermeisters für eine Theater-Interimsspielstätte nördlich von den Wagenhallen recht zufrieden ist.

Am Sonntag Führungen durchs Opernhaus im 20-Minuten-Takt

Selbst Wieland Backes, Sprecher der Bürgerinitiative Aufbruch Stuttgart, will inzwischen den Eindruck vermeiden, er wolle das Sanierungsprojekt grundsätzlich torpedieren. Vielmehr gehe es ihm darum, so eine Äußerung gegenüber unserer Zeitung, dass die geplante „Dimension“ der Opernsanierung „ohne Aufwertung des gesamten Kulturquartiers und ohne die Bürger mitzunehmen nur schwer verantwortbar“ sei. Das Schlagwort „Bürgerbefragung“ mittels Abstimmung fällt von ihm nun nicht mehr, so wenig wie vom Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann, der diesbezüglich wieder zurückgerudert ist: „Dafür gibt es repräsentative Systeme“, stellte er am Dienstag fest.

„Unsere aktuelle Aufgabe heißt jetzt: Informieren, informieren, informieren!“, meint Staatstheater-Geschäftsführer Marc-Oliver Hendriks. „Ein solches Großprojekt wie die Sanierung des Opernhauses braucht breite Unterstützung in der Bevölkerung. Deswegen werden wir unsere Aufklärungsarbeit noch weiter verstärken.“ Zum Beispiel am kommenden Sonntag: Zwischen 11 und 16 Uhr bietet das Theater im 20-Minuten-Takt interessierten Bürgern einstündige Führungen durch das Haus an. Die Tickets dafür im „Vorverkauf“ sind kostenlos.