Corona hat Clubs verändert. Die nicht mehr so Jungen bleiben eher zu Hause, sagen Wirte, weil diese in geschlossenen Räumen das Virus fürchten. Der Perkins Park trennt sich daher nach 28 Jahren vom Klassiker La Boum – die Aufregung im Netz ist groß.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Enges Tanzen, der erste Zungenkuss, ein Walkman, der was völlig Neues damals war, dazu noch der Schmusesong „Dreams are my Reality“ – mit diesen Erinnerungen wird der Teenie-Film „La Boum“ von 1980 assoziiert. Als Träume Realität waren, hat Steffen Eifert, Jahrgang 1962, eine spannende Zeit erlebt. So überrascht es nicht, dass der Chef von Mr. Mac’s Partyteam seine Tanzreihe mit Musik der 1980er „La Boum“ getauft hat. Seit 28 Jahren ist der Perkins Park die Bühne dafür. Doch nun muss sich Eifert einen neuen Club suchen. Auf dem Killesberg ist für den Klassiker kein Platz mehr.

 

Alexander Scholz bedauert: „Wir können die Stammgäste nicht halten“

We build this City on Rock and Roll. Schickeria, schick, schick. Irgendwie, irgendwo, irgendwann. Karma, Karma, Karma, Cha-me-le-on. Wer bei diesen Silben - im Sturz durch Raum und Zeit Richtung Unendlichkeit - gleich mitsingen will, ist bei „La Boum“ richtig. Die Party lockt in aller Regel vor allem die 30- bis 60-Jährigen. Doch die nicht mehr ganz jungen Tänzerinnen und Tänzer machen sich im Perkins Park rar. Was auch andere Veranstalter berichten, trifft auf den Killesberg ebenso zu: Die Jüngeren werden weiterhin als ausgehfreudig beschrieben, die Älteren dagegen warten wohl noch ab, ob sie sich wieder in geschlossene Räume angesichts der Gefahren einer Ansteckung trauen.

Alexander Scholz, der Chef des Perkins Park, hat deshalb „schweren Herzens“, wie er sagt, einen Beschluss gefasst, der im Netz hitzig diskutiert wird. „Das Ausgehverhalten hat sich verändert“, erklärt Scholz gegenüber unserer Zeitung, „leider können wir verdiente Stammgäste nicht mehr halten.“ Man müsse auf die rückläufigen Besucherzahlen im älteren Publikum reagieren. Nein, rausgeworfen habe er La Boum nicht, aber mit Steffen Eifert sei er sich einig, „dass wir eine konzeptionelle Veränderung vornehmen müssen“. Damit der Park weiterhin ein Magnet sei und weiterhin als innovativ gelte, müsse er „Neuland wagen“ und dürfe sich vor einem klaren Schnitt nicht scheuen.

La Boum zieht in die Boa in den Kessel um

Die Partyreihe La Boum feiert deshalb am 18. November seinen Abschied auf dem Killesberg und wird in den Kessel in die Boa ziehen. Der noch ältere Club dort ist kleiner (mit nur einem Dancefloor, bisher gab es zwei Plätze zum Tanzen) und bietet den Fans der 80er Musik quasi Asyl.

In den sozialen Netzwerken ist prompt von „Altersdiskriminierung“ die Rede. „Sind die Älteren im Perkins Park nicht mehr erwünscht?“, wird gefragt. Den Betreibern wird eine „fatale Entscheidung“ vorgeworfen. Eine Kommentatorin schreibt: „Das junge Publikum hat eine sehr große Auswahl in Stuttgart – und da fällt einem nicht immer der Perkins Park an erster Stelle ein.“

„Neben wehmütig“ ist Veranstalter Steffen Eifert „vor allem stolz“

Sei das der Dank für 28-jährige Treue, fragt ein anderer, „dass man uns nun mit unserem geliebten La Boum vor die Tür setzt“? Park-Geschäftsführer Alexander Scholz sagt, er arbeite gerade mit Steffen Eifert an einem neuen Konzept, mit dem man von März 2023 an alte Erfolg anknüpfen wolle – die Zielgruppe dürfte künftig jünger sein. Nur dann habe ein über 40-jähriger Club wie der Perkins Park Erfolg, wenn er sich ständig erneuere und hinterfrage, so Scholz.

„Neben wehmütig“ ist Veranstalter Steffen Eifern , „vor allem ein bisschen stolz“, dass die Partyreihe so lange läuft. Fast sein halbes Leben lang habe er La Boum gemacht und dankt dafür den Clubbetreibern vom Killesberg. Sauer sei er überhaupt nicht, denn er sehe die Notwendigkeit, „dass der Perkins Park als Großraum-Disko einfach hohe Besucherzahlen braucht“. Ältere Clubbesucher, die sich oftmals um ihre betagten Eltern kümmern müssten und diese nicht anstecken wollten, überlegten sich in diesen Zeit halt ganz genau, „welche Events wirklich sein müssen, welche zwar ,nice’ wären, aber nicht zwingend“, sagt Eifert.

Die 1977 eröffnete Boa springt ein und will beweisen, dass für Ältere das Partyleben nicht zu Ende ist, auch wenn ihr erster Stehblues, ihr erster Zungenkuss und ihr erster Walkman schon fast vergessen sind. Zum Tanzen ist’s wohl nie zu spät – und für Träume wie in „Dreams are my Reality“ bestimmt auch nicht.