Wenn das Telefon klingelt und es meldet sich ein Polizist, kann das dieser Tage auch gefährlich sein. Schon Ende Mai verzeichnet die Polizei dreimal so viele Taten wie im Jahr 2016. Ein Opfer berichtet.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Immer wieder meldet die Polizei, dass Betrüger versuchen, als falsche Polizeibeamte vor allem ältere Menschen hereinzulegen. Sie behaupten zum Beispiel, dass ein Einbruch ins Haus des Opfers geplant sei. Dann überreden sie die Angerufenen, ihnen Geld und Wertsachen auszuhändigen – angeblich, um alles in Sicherheit zu bringen. Auch wenn man nicht auf die Masche reingefallen ist, sitzt der Schreck tief. Eine Stuttgarterin berichtet, wie es war, als der Betrüger bei ihr anrief.

 

Margarethe Bergmann (Name geändert) ist ein bisschen sauer – auf sich selbst. „Wie kann man nur so blöd sein und das auch nur eine Sekunde lang glauben?“ fragt sie sich. Sie saß am Samstagabend am Rechner und schrieb einen langen Brief an Freunde. „Wir tauschen uns immer sehr ausführlich aus, ich war mit den Gedanken also total bei den Freunden, als plötzlich das Telefon klingelte“, berichtet die Seniorin. Am anderen Ende meldete sich ein Man, der sich als Polizist ausgab. „Da wollte ich natürlich wissen, was los ist. Im Verlauf des Gesprächs habe ich dann sehr schnell gemerkt, dass das nicht echt ist“, schildert die 74-Jährige aus Degerloch. Doch die sympathische Stimme, und dann so aus den Gedanken gerissen: „Man braucht da erst mal einen Augenblick, bis man merkt, was los ist“, sagt Bergmann.

Opfer reagiert richtig: Sie droht dem Betrüger mit der Polizei

Er habe einen Zettel gefunden, auf dem auf Rumänisch stehen würde, Frau Bergmann in Degerloch solle überfallen werden. Deswegen wollte er wissen, ob sie Bankkonten habe. „Da habe ich ja gesagt, denn ich hab ja schließlich ein Konto. Aber dann habe ich ihn totgeredet“, sagt die resolute Rentnerin. „Ich kann nämlich reden!“ Anstatt sich vom mutmaßlichen Betrüger aushorchen zu lassen, nahm Margarethe Bergmann den mutmaßlichen Betrüger nun in die Mangel. Warum er denn anrufe, ob er keinen Tatort schauen würde – da kämen die Kommissare immer direkt an die Haustüre und klingelten, wenn sie was wissen wollen oder eine Mitteilung machen müssen. Außerdem hielt sie dem Mann vor, dass das schon sehr komisch sei mit dem Zettel, auf dem ihre Adresse gestanden habe. „Wer macht denn so etwas“, habe ich ihn gefragt. „Dann habe ich ihm noch gesagt, bei mir sei nichts zu holen, ich habe keinen Schmuck und auch nicht viel Geld“, fasst die 74-Jährige zusammen. „Und dann hab ich gesagt, wenn er ein Kriminalkommissar sei, dann fände ich das sehr spannend, ihn mal kennenzulernen, so einen echten Ermittler. Er solle doch bei mir an der Tür klingeln. Ich würde ihn dann empfangen – zusammen mit der Polizei. Da hat er schnell aufgelegt“, fügt Margarethe Bergmann triumphierend hinzu.

Gegen die Betrüger hilft nur eins: „Die Leute müssen wissen, wie die arbeiten, nur dann kann man richtig reagieren“, sagt die Degerlocherin. Das ist auch die Strategie, welche die Polizei verfolgt. Durch Information über die Maschen der Betrüger sollen die Bürger davor bewahrt werden, darauf hereinzufallen. Die Fallzahlen nehmen zu: In diesem Jahr hätten schon dreimal so viele Bürger gemeldet, von Betrügern mit dieser Masche angerufen worden zu sein. „Der falsche Polizist hat den Enkeltrick abgelöst“, sagt Ralph Heinemann, der stellvertretende Leiter des Betrugsdezernats bei der Kriminalpolizei. Dabei wenden sich die Experten nicht nur an die potenziellen Opfer. „Wir arbeiten auch mit den Banken zusammen“, sagt der Kriminalhauptkommissar. Wenn gerade mal wieder eine Welle von Anrufen in der Stadt und in der Region registriert werde, schicke die Kripo Warnmeldungen an die Geldinstitute. Denn in einigen Fällen behaupteten die falschen Polizisten auch, dass jemand etwas vom Konto des Opfers abzweigen wolle. Beim Enkeltrick seien so schon Taten verhindert worden. Das Personal verständige im Zweifelsfall die Polizei.

Der Eindruck, die Anrufer würden gezielt Straßenzüge abklappern, trüge, sagt Heinemann. „Mal ist das so, dann ist es wieder über die ganze Stadt verteilt“, sagt er. Auffällig sei nur, dass die Opfer immer altmodisch wirkende Namen hätten. „Wenn es mal jemand Junges trifft, dann hat er oder sie meistens einen Namen, der auf eine ältere Person hindeuten könnte“, erläutert der Ermittler. Über die Täter sei noch wenig bekannt. „Wir wissen nur, dass sie sehr gut geschult und redegewandt sind“, sagt Heinemann. Von wo sie agieren, ob aus Deutschland oder aus dem Ausland, sei nicht bekannt. „Die Täter haben heute etliche Möglichkeiten, das technisch zu verschleiern.“