Er macht Pop-Art mit Köpfen und Emotionen: Ex-Wirt Romulo Kuranyi wird als Künstler immer erfolgreicher. Weil es im Ritzi, seinem früheren H’ugo’s, erneut einen Wasserschaden gibt, könnte ein alter Streit eine neue Wende nehmen.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Stuttgart - „In der Coronakrise haben sich die Menschen verändert“, sagt Romulo Kuranyi. Der 31-Jährige kennt Höhen und Tiefen des Lebens zu gut: Eventveranstalter war er, betrieb von Mitte 2015 bis Ende 2017 die Edel-Pizzeria H’ugo’s in der City unweit des Hauptbahnhofs, eröffnete zwei Eissalons in Degerloch, von denen er sich rasch wieder getrennt hat (einer davon steht noch immer leer). Auf und ab ging es bei ihm. Die Pandemie und das lange Daheimbleiben führen dazu, beobachtet der Bruder des früheren Fußballprofis Kevin Kuranyi, dass viele über sich und das Leben neu nachdenken. Erkennt man in der Krise besser, worauf es ankommt? Familienvater Romulo Kuranyi hat für sich längst die Schlüsse gezogen: Er will nur noch „sein Ding“ machen. Und damit meint er die Kunst. Aus der Gastronomie zieht er sich endgültig zurück.

 

Zwei Großaufträge für Kuranyi in Berlin und Stuttgart

Allmählich kann er von seiner Kunst leben, sagt „Romu“, wie ihn seine Freunde nennen. Seine Handschrift ist Pop-Art mit klaren Linien und vielen Köpfen. Mit Großaufträgen in Berlin und in seiner Heimatstadt Stuttgart sorgt er gerade für Aufsehen. Für den Archiv Store an der Spree, ein Geschäft mit nachhaltiger Designermode, durfte er eine sechs mal sechs Meter große Wand bemalen, über die in Berlin viel diskutiert wird. Der Nice Club an der Theo Heuss in Stuttgart engagierte ihn, um drei Wände mit seinen Köpfen als Blickfang zu gestalten. In Kürze will der Club nach der Corona-Pause öffnen und mit den Kuranyi-Wänden die Gäste verzaubern.

Die Gesichter mit gesamter Emotionsbreite malt der Deutsch-Brasilianer blitzschnell entweder direkt auf die Wände oder auf Platten, damit man sie wieder abnehmen kann, „ganz, wie der Auftraggeber es wünscht“. Seine Werke laden dazu ein, lange und genau hinzuschauen. Immer wieder entdeckt man Neues.

Stundenlang kann er am Stück arbeiten, sagt der 31-Jährige, und freut sich darüber, dass er damit immer mehr Menschen erfreut. „Meine Inspiration kommt aus den Facetten und Emotionen der Menschen, da ich multikulturell aufgewachsen bin“, erklärt Kuranyi.

Das Ritzi bleibt wegen Wasserschadens geschlossen

Eigentlich dachte er, seine Vergangenheit hinter sich zu lassen. Doch nun sagt er: „Wenn dir zu Unrecht übel mitgespielt wird, wirst du eines Tages dafür entschädigt.“ Wo Romulo Kuranyi drei Jahre lang sein H’ugo’s betrieben hat („Keiner hat es dort bisher so lange geschafft wie ich“), scheint die Vergangenheit den neuen Koch Ben Benasr in seinem Restaurant Ritzi einzuholen. Kaum hatte dieser vielversprechend Anfang des Jahres das Richter’s umgetauft und neu positioniert, musste er in der Corona-Krise schließen. Und nach der Wiedereröffnung unter Pandemie-Bedingungen folgte der nächste Tiefschlag für den hochgelobten Koch, der mit seiner fantasiereichen Küche auf dem Weg zum Stern war: Das Restaurant hat erneut dicht gemacht – diesmal aufgrund eines Wasserschadens. Vor August, sagt Benasr, sei an den Neustart nicht zu denken.

Beim Thema Wasserschaden im City Gate werden Kenner der Stuttgarter Gastroszene hellhörig. Der Streit um einen Wasserschaden hat bereits vor zwei Jahren große Wellen geschlagen. Die Hauseigentümer beschuldigten Jungwirt Kuranyi, mit einem Aquarium den Austritt des Wassers verursacht zu haben. „Eine aufgestellte dekorative Wasserwand war nach uns vorliegenden Sachverständigengutachten für den Schaden verantwortlich“, erklärte der Münchner Anwalt Christian Thomas Stemple im Auftrag der Stuttgarter Immobilienbesitzer.

Oft liegen Wut und Freude dicht beieinander

Romulo Kuranyi dagegen führte den nassen Boden auf den Defekt der Heizungsanlage zurück. Um seinen Ruf und um sein Geld musste er kämpfen. Bis heute hat er die Kaution von 145.000 Euro sowie die vereinbarte Ablöse nicht bekommen. Insolvenz musste der Deutsch-Brasilianer deshalb für seine Firma anmelden. Wird der alte Streit, bei dem sich Kuranyi an „David gegen Goliath“ erinnert fühlte, noch mal aufgerollt? War es doch die Heizungsanlage, deren Rohre ein „altes Leiden“ sind? Für die Hauseigentümer hat der neue Wasserschaden mit dem alten freilich nichts zu tun hat. Nass ist jetzt die Küche, einst war es der Gastraum. Romulo Kuranyi will beweisen, dass doch ein Zusammenhang besteht.

Viel wichtiger aber ist ihm, in seinem Degerlocher Atelier Pop-Art-Köpfe auf seine Weise zu malen. „Mit negativen Erlebnissen sowie mit Berg- und Talfahrten reift man“, sagt er, „dies hilft meiner Kunst.“ Glückliche Gesichter sieht man auf seinen Werken neben traurigen, ein Lachen neben Tränen. So schnell können Freude und Wut ganz dicht beieinander sein, will der Künstler damit sagen. Wie oft er dies schon in seinem eigenen Leben gespürt hat! Tief unten war er und spürt nun Fahrtwind auf dem Weg nach oben.