Für Kirchentagsbesucher kommt die Einigung zwar zu spät, aber nach Informationen der Stuttgarter Zeitung wird der Paternoster im Stuttgarter Rathaus vielleicht schon Mitte Juli wieder fahren.

Chefredaktion : Holger Gayer (hog)

Stuttgart - Überraschende Kehrtwende in der Posse um den Betrieb von Paternostern in öffentlichen Gebäuden: Nach Informationen der Stuttgarter Zeitung haben sich das Bundesarbeitsministerium und die zuständigen Ministerien der Länder informell auf eine neue Verordnung geeinigt, die es den Betreibern der altehrwürdigen Aufzüge erlauben wird, diese auch wieder für alle Benutzer freizugeben. Dies bestätigte ein Sprecher des Landesumweltministeriums gegenüber der StZ. Voraussetzung sei allerdings, dass der Betreiber „geeignete Maßnahmen ergreift, um eine Gefährdung der Nutzer zu vermeiden“. Dies könnten Lichtschranken, Sicherheitsklappen oder Hinweisschilder sein. Auch den Zeitplan haben die Beamten offenbar schon festgezurrt: Am 24. Juni soll die neue Verordnung von Angela Merkels Bundeskabinett verabschiedet werden, am 10. Juli soll sie den Bundesrat passieren. Wenn alles gut läuft, könnten die Paternoster im Stuttgarter Rathaus sowie im Literaturhaus also bereits Mitte Juli wieder in Betrieb gehen.

 

Stuttgarts Verwaltungsbürgermeister Werner Wölfle konnte sich am Freitag ein Schmunzeln nicht verkneifen, als er die Nachricht aus dem Hause seines grünen Parteifreunds Franz Untersteller vernahm. „Na, dann hat sich unsere Form von zivilem Ungehorsam doch gelohnt“, sagte er mit Blick auf seinen Widerstand gegen die erst zum 1. Juni in Kraft getretene neue Betriebssicherheitsverordnung. Wie berichtet, enthält die Vorschrift einen Passus, wonach Paternoster nur noch von Beschäftigten verwendet werden dürfen, die von ihren Arbeitgebern eingewiesen worden sind. Anderen Personen ist dies seit Anfang des Monats verboten. Wölfle hat deswegen – gegen seine Überzeugung – den Betrieb der Umlaufaufzüge komplett einstellen lassen.

Paternoster im Rathaus sind nachgerüstet

Die Kehrtwende begrüßte er nun ausdrücklich, stöhnte jedoch gleichzeitig: „Wenn nur alles so schnell ginge. Aber dass dies jetzt geschieht, ist hoffentlich auch beispielgebend für andere Prozesse, die viel länger dauern.“ Nun warte er auf ein baldiges Signal von Arbeitsministerin Andrea Nahles, „dann schalten wir die Paternoster wieder ein“. Zudem verwies der Verwaltungsbürgermeister darauf, dass die drei Exemplare im Rathaus bereits mit Sicherheitsklappen nachgerüstet worden seien. Desweiteren werde „die Schrift auf den Warnschildern vergrößert und internationalisiert“. Damit, meint Wölfle, sei der Sicherheitspflicht der Stadt Genüge getan.

Dass die Angelegenheit wirklich bald ausgestanden ist, wie man in Stuttgart meint, mag das Bundesarbeitsministerium so ausdrücklich nicht bestätigen. „Wir wollen die neue Verordnung schnellstmöglich auf den Weg bringen“, bestätigte eine Sprecherin von Ministerin Nahles zwar. Ob der vom baden-württembergischen Umweltministerium genannte Zeitplan aber eingehalten werden kann, sei unklar.

Trotzdem gehen die Beamten von Umweltminister Untersteller davon aus, dass sie die Akte bald schließen können. Nachdem sich auch der Ministerpräsident Winfried Kretschmann in die Sache eingeschaltet und gesagt hatte, dass auch Küchenmesser gefährlich seien und dennoch niemand auf die Idee käme, sie zu verbieten (die StZ berichtete), habe in dieser Woche eine Telefonkonferenz zwischen dem Bundesarbeitsministerium und den Kollegen in den Ländern stattgefunden. Nachdem einem ersten Korrekturentwurf aus dem Hause Nahles die Zustimmung verweigert worden sei, weil die Landesbehörden keine Garantie für die Sicherheit der Paternoster übernehmen wollten, habe man sich darauf geeinigt, die Verantwortung komplett auf die Betreiber der Aufzüge zu übertragen. Im Fall der Paternoster im Stuttgarter Rathaus macht das keinen Unterschied: Weil das Umweltministerium die Kontrolle des Arbeitsschutzes an die untere Landesbehörde delegiert hat, sind Betreiber und die potenzielle Prüfbehörde identisch. Beides obliegt der Stadt.