Das Stuttgarter Reitturnier beginnt einmal mehr vor restlos ausverkauftem Haus in der Hanns-Martin-Schleyer-Halle. Olympiasieger Michael Jung verabschiedet sein Wunderpferd Sam.

Stuttgart - Wo Pferde sind, da sind auch Emotionen. Das war beim allerersten German Masters im Oktober 1985 so – auch gestern Abend wieder zum Auftakt des 34. Reitturniers in der Hanns-Martin-Schleyer-Halle. 8500 Zuschauer gingen einmal mehr begeistert mit, als Astrid von Velsen-Zerweck, die Chefin des Haupt- und Landgestüts in Marbach auf der Schwäbischen Alb, ihre legendären Araberstuten durch die abgedunkelte Arena galoppieren ließ. Württembergs König Wilhelm I. hatte diese Zucht vor rund 200 Jahren begründet. „Wo auch immer unsere Stutenherde auftritt, überall fliegen ihnen die Herzen der Menschen zu“, sagt die Landstallmeisterin.

 

Welch tiefes Vertrauen die Pferdeleute aus allem Himmelsrichtungen gegenüber dem Stuttgarter Turnier hegen, beweist die Tatsache, dass dieser traditionelle Schauabend zum Auftakt des German Masters alle Jahre wieder frühzeitig ausverkauft ist, obgleich zu diesem Zeitpunkt das komplette Programm noch gar nicht steht. Das war auch in diesem Jahr wieder so. Andreas Kroll, der Geschäftsführer der veranstaltenden, städtischen Gesellschaft in.Stuttgart, sagt zurecht: „Unsere Besucher, viele von ihnen Stammgäste seit langen Jahren, wissen eben, was sie beim Reitturnier erwartet – diese typische Stuttgarter Mischung aus Schau und Sport.“

Abschied von Sam

Apropos Schau. Die Faszination der Pferde aus den verschiedensten Rassen, den unterschiedlichsten Farben und Größen – sie bildeten einmal mehr den Mittelpunkt dieses Schauabends beim 34. Stuttgarter Turnier. Der in Spanien lebende, rumänische „Pferdeflüsterer“ Miron Bococi zeigte zum ersten Mal in Stuttgart seine Freiheitsdressur. Die Französische Kunstreiterin Emilie Jumeaux bot klassische Voltige und Akrobatik auf dem Pferderücken; sie agiert mit ihren Pferden auf gutem Zirkusniveau. Ganz anders der Ponyhof von Artur Nieberle aus Stötting, wo junge pferdebegeisterte Leute eine Quadrille einstudiert haben: Ponys vor dem sogenannten Sulky, dem nur einachsigen Wagen der Trabrennfahrer.

Zünftige bayerische Lebensart verbreiten die „Buam“ der Oberländer Reitergruppe mit ihren süddeutschen Kaltblütern. Die Lieblinge des langjährigen Stuttgarter Turnierchefs Gotthilf Riexinger haben die „Ungarische Post“ zur Perfektion gebracht. Mutig stehend auf zwei Pferden, die eng nebeneinander gehen, galoppieren sie als Quadrille im Renngalopp durch die Arena. Spät am Abend, in der Mitte des Hallengeländeritts, wurde der weltberühmte Sam aus dem Sport verabschiedet, das Paradepferd von Michael Jung aus Horb, Olympiasieger von London und Rio. Da sah man im ausverkauften Haus so manches feuchte Auge. Bisher sind 50 000 Eintrittskarten verkauft, Restkarten gibt es noch an der Tageskasse.