Das Ende der Bäckerei Lang ist besiegelt. Nur wenige Stunden nachdem der Insolvenzverwalter seine Arbeit aufgenommen hatte, war klar: ein Neustart für das Stuttgarter Traditionsunternehmen ist nicht mehr möglich. 201 Beschäftigte verlieren ihre Arbeit.

Lokales: Mathias Bury (ury)

Stuttgart - Das Ringen um die Zukunft der Stuttgarter Traditionsbäckerei Lang ist zu Ende. Wenige Stunden nachdem der zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestimmte Wolfgang Bilgery sich am Firmensitz in Freiberg am Neckar einen ersten Überblick über die Lage verschafft hatte, gab der Fachanwalt der Stuttgarter Kanzlei Grub, Brugger und Partner sein Urteil bekannt: „Der Betrieb wird stillgelegt. Es ist keine wirkliche Substanz mehr vorhanden.“ Damit verlieren 201 Mitarbeiter ihre Jobs. Diese bekommen nun für die Monate August, September und Oktober Insolvenzausfallgeld von der Arbeitsagentur. Damit werden die teils seit August noch ausstehenden Bezüge der Beschäftigten beglichen. Ende des Monats, so Wolfgang Bilgery, werde das Insolvenzverfahren für die Bäckerei eröffnet.

 

Bis dahin wird in Freiberg und in den verbliebenen Filialen schon kein Betrieb mehr sein. „Die Produktion arbeitet nicht mehr und es ist ausgeschlossen, diese wieder hochzufahren“, erklärte der Insolvenzverwalter. Am vorigen Freitag hatten die Beschäftigten aus Protest gegen die ausstehenden Gehaltszahlungen die Arbeit niedergelegt. Wichtige Funktionen wie die des Betriebsleiters, der gegangen ist, seien gar nicht mehr besetzt. Das gelte selbst für die Schädlingsbekämpfung in der Bäckerei. Für einen Neustart seien „auch gar keine finanziellen Mittel mehr vorhanden“, schildert Bilgery die desolate Lage. Stattdessen haben sich enorme Außenstände aufgehäuft. „Nach dem ersten Eindruck belaufen sich die Verbindlichkeiten auf mindestens fünf Millionen Euro“, erklärte der Fachanwalt.

Großkunden haben schon andere Lieferanten

Ähnlich aussichtslos ist das Großkundengeschäft. Das Unternehmen, das lange Jahre der führende Filialbäcker im Raum Stuttgart war, hatte Kantinen verschiedener Großunternehmen wie Bosch und Krankenhäuser mit Backwaren beliefert. Durch den Ausfall der Produktion seien „die Verträge zum Erliegen gekommen“, sagte Bilgery. Die Kunden hätten deshalb Alternativen gesucht und gefunden und würden jetzt von anderen Bäckereien beliefert. „Die haben gar keinen Bedarf mehr.“

Im Filialgeschäft ist die Lage weniger übersichtlich. Es gibt noch 40 Bäckereifilialen, hat der Insolvenzverwalter ermittelt. Zehn habe Lang noch selber betrieben, 30 sind in der Hand von Pächtern. Zehn bis 15 der Filialen seien bereits gekündigt, unter anderem in Bahnhöfen und in Supermärkten. Alle, die noch in der Regie von Lang selbst gelaufen sind, „werden spätestens am Donnerstag geschlossen“, betonte der Insolvenzverwalter. Ob die Pächter der verbliebenden rund 25 Filialen, von denen manche in Heilbronn, Karlsruhe und Offenburg liegen, weitermachen, könne er nicht sagen. Wobei noch nicht geklärt sei, ob diese dann weiter unter dem Namen Lang firmieren können. Bilgery: „Das Unternehmen Lang als solches wird nicht überleben.“ Den Beschäftigten bleibt nur der Trost, dass sie wenigstens noch Geld für die Monate August bis Oktober bekommen, drei Monate haben sie Anspruch auf Insolvenzausfallgeld. 67 Personen waren zuletzt im Produktionsbetrieb in Freiberg beschäftigt, 109 in eigenen Filialen, 23 in der Firmenzentrale.

Zu spät die Notbremse gezogen?

In einer Mitteilung bedauerte Ilyas Kaya, der das Unternehmen im Oktober 2017 übernommen hatte, die Entwicklung. Er erklärt diese mit der „starken Konkurrenz“ im Markt für Brot und Backwaren und einem „immensen Druck auf die Marge“. Vor allem seien „die Kosten der Übernahme für die Produktionsstätte zu hoch“ gewesen. Nach Informationen unserer Zeitung hat Kaya für die Produktion rund 1,2 Millionen Euro bezahlen sollen, er hat die vereinbarten Raten dann aber doch nicht stemmen können.

Vermutlich hätte er früher die Notbremse ziehen müssen. Der Insolvenzverwalter findet, bei Lohnrückständen noch vom August müsse man sagen: der Eigentümer habe „zu spät reagiert“. Erst am Dienstag hatte Kaya Insolvenzantrag gestellt. Und Bilgery, der schon 2015 bei der ersten der drei Insolvenzen von Lang Verwalter war, stellt fest: „Auch damals war die Lage schwierig, aber nicht vergleichbar mit heute.“ Der erfahrene Insolvenzverwalter denkt, dass die Bäckerei Lang für den 33 Jahre alten Jungunternehmer aus München, der mit seiner Firma Mocca Tec im Vertrieb, der Reparatur und dem Service von Kaffeemaschinen tätig war, „vielleicht eine Nummer zu groß war“. Kaya habe zunächst nur einen Teil der Filialen erworben, „er wollte Filialist sein“. Mit der Insolvenz des unter Topback firmierenden Produktionsbetriebs habe er aber auch diesen übernehmen müssen. Bilgery: „Plötzlich hatte er eine Großbäckerei.“