Die geplante Nachverdichtung von Wohngebieten ist im Rathaus umstritten, manches größere Wohngebiet ebenfalls. Jetzt peilt man auch kleinere Bauflächen an.

Stuttgart - Beim Ringen um mehr bezahlbare Wohnungen in Stuttgart kommen jetzt auch kleine Flächen neu oder erneut ins Visier, für die noch kein Baurecht existiert – und für manche ist eine mehrheitliche Zustimmung im Rathaus absehbar. „Kleinvieh macht auch Mist“, sagte Beate Schiener (Grüne) dazu. Am Dienstag im Ausschuss für Umwelt und Technik trat aber auch zutage, dass in einigen grundsätzlichen Fragen der Wohnungspolitik weniger Konsens herrscht.

 

30 überwiegend kleine Flächen hatten die Freien Wähler prüfen lassen. Das Ergebnis: Acht dieser Gebiete hatte auch die Verwaltung schon als künftige Bauflächen für insgesamt 585 Wohnungen ausgeguckt, ein halbes Dutzend Flächen für insgesamt rund 300 Wohnungen hat sie noch in der Überlegung. Die anderen Adressen verwarf sie, weil sie früher schon abgelehnt worden oder nicht entwickelbar seien.

SPD kämpft neuerdings um Baugebiet Schafhaus

Weiterverfolgen will die Verwaltung kleine Flächen beim Lidl-Markt am Ortseingang von Hausen, an der südlichen Bergheimer Straße in Weilimdorf, im Bereich Mittlere Wohlfahrt in Hofen, an den Stadtbahngleisen in Freiberg, an der Böckinger Straße in Rot, auf dem Pfister-Areal in Untertürkheim, an der Jägerhalde und im Stephan-Waid-Weg 12 in Wangen, an Regerstraße und Franz-Schubert-Straße sowie im Bereich Offenbachstraße 4/Schumannstraße 32 in Botnang und im Bereich Alosenweg/Beundweg/Rohrackerstraße im Bezirk Hedelfingen. Mit der einen oder anderen Absage der Verwaltung, machte Fraktionschef Jürgen Zeeb klar, werden die Freien Wähler sich wohl nicht abfinden. Die Fraktion wird deshalb Verbündete suchen.

Das könnte auch beim Gebiet Schafhaus in Mühlhausen fruchten, wo sogar 250 Wohnungen denkbar wären. SPD-Fraktionschef Martin Körner verfolgt einen anderen Kurs als seine Vorgänger. Er will auch das Gebiet Schafhaus wieder aufs Tapet bringen – die Verwaltung nicht. Das ärgert Körner. Das Gebiet Schafhaus sei nicht nur auf der FW-Liste, sondern auch noch in der Zeitstufenliste Wohnen der Verwaltung enthalten, die Wohnungsbaupotenziale von insgesamt rund 21 000 Einheiten bis 2025 auflistet. Bei gültigen Konzepten für dringenden Wohnungsbau dürfe es kein Wackeln und Umfallen geben. Das sagte Körner auch im Blick auf den Fasanenhof, wo eine geplante Nachverdichtung auf massiven Widerstand stößt.

Nachverdichtung ist umstritten

Aber sowohl Philipp Hill (CDU) wie auch Bernd Klingler (AfD) und Grünen-Stadträtin Schiener widersprachen: Die Zeitstufenliste sei eine grobkörnige Potenzialabschätzung, „nicht in Stein gemeißelt“ (Hill). Manches müsse wieder heraus (Klingler). Die Liste sei „dynamisch“ (Schiener). Jedes Einzelthema müsse gesondert betrachtet und entschieden werden, sagte auch Städtebaubürgermeister Peter Pätzold (Grüne). Der Rasenmäher wäre falsch am Platz.

Aber auch dieses Quartett war sich nur in der Grundeinschätzung der Zeitstufenliste einig, nicht beim Schafhaus, wo die Grünen ihre Ablehnung formulierten, und schon gar nicht bei allen aktuellen Themen der Wohnungspolitik. Die Nachverdichtung bestehender Wohngebiete ist prägnantes Beispiel. Hier müsse „Qualität immer vor Dichte gehen“, sagte Hill in einer Situation, in der die Verwaltung gerade ein „Dichtekonzept“ für das Stadtgebiet erarbeitet.

Koordinator soll sich erklären

Schiener verteidigte den Plan für den Fasanenhof. Sie monierte, dass ein Ausschussmitglied – gemeint war die Lokalmatadorin Iris Ripsam von der CDU – dort zu regem Unterschriftensammeln gegen das im Ausschuss beschlossene Vorhaben aufrufe. Das wurde von Hill mit einer engagierten Verteidigungsrede für die kurz vorher aus der Sitzung entschwundene Ripsam beantwortet. Was die Kollegin mache, sei ihr gutes Recht.

Im Unterausschuss Wohnen will die Verwaltung jetzt etliche Wohnungsthemen beraten und den Kurs justieren. Das gilt für die Liste der Freien Wähler, aber auch für den Umgang mit der Zeitstufenliste. Bürgermeister Pätzold will dann auch eine Aussage zum weiteren Stellenbedarf machen, um Hemmnisse für manche Baugebiete zu beseitigen. Für CDU-Stadtrat Hill war es unfassbar, dass Pätzold noch nicht bei den sogenannten kleinen Stellenplanberatungen im Herbst Anträge stellen will. Wenn das erst bei den Etatberatungen 2017 geschähe, würden bis zur Besetzung bis zu zwei Jahre vergehen. Ganz genau wollen die Stadträte außerdem wissen, wie der neue Wohnungsbaukoordinator Stefan Hohbach seine Arbeit mit anderen Akteuren der Verwaltung für den Wohnungsbau abstimmt.