Anne Siepmann will, das körperbehinderte Kinder ein gutes Leben führen können. Dafür engagiert sie sich gleich mehrfach ehrenamtlich und wurde dafür zur Stuttgarterin des Jahres gewählt, einem Ehrenamtspreis, gestiftet von der Stuttgarter Versicherungsgruppe und der Stuttgarter Zeitung.

Familie/Bildung/Soziales: Hilke Lorenz (ilo)

Stuttgart - Anne Siepmann ist gerade von der Arbeit heimgekommen. In den Ferien ist das Leben ein bisschen entspannter. Ihr Sohn Theo hat keine Schule und keine Physiotherapie. Die Taktung des Tages ist zumindest am Nachmittag ein bisschen weniger eng. In den übrigen Wochen des Jahres muss alles nach Plan verlaufen. Trotz des Einsatzes von Schulfahrdienst, Bundesfreiwilligendienstlern und der Mithilfe von Theos Vater.

 

Obwohl Anne Siepmann gerade von einem engen Tageskorsett erzählt, strahlt sie eine offenbar nicht versiegende Energie aus. Die braucht sie auch. Theo hatte zehn Tage nach der Geburt einen Herzstillstand und musste reanimiert werden. Seitdem ist er schwerstbehindert und das Leben anders als geplant. Und schließlich soll auch Theos 13-jähriger Bruder im Familienleben nicht zu kurz kommen.

Die Umwelt hat großen Einfluss auf das Leben

Die 49-Jährige löst den Rollstuhlgurt, fasst ihrem Sohn unter die Arme, um ihn hochzuziehen. Einen Fahrstuhl gibt es nicht. Anne Siepmann trägt ihren Sohn in den ersten Stock. Theo ist 16. Es ist ein Glück, sagt seine Mutter, dass er so klein ist. Zierlich wie ein Zwölfjähriger ist er. Sonst könnte sie das wohl nicht mehr. Aber trotz fehlender Barrierefreiheit steht für die alleinerziehende Mutter bei der Wohnung, in der sie nun seit 20 Jahren wohnt, das soziale Umfeld im Vordergrund. Die Hausgemeinschaft und die Nachbarn sind wichtig, erklärt sie. Und beides stimme hier. Schon ist sie bei ihrem Thema. Es gehe für schwerstbehinderte Kinder und Erwachsene in erster Linie darum, dass sie ein gutes Leben leben können. Daran haben auch die Menschen drum herum großen Anteil.

Natürlich geht es darum, dass Theo in der Margarethe-Steiff-Schule lernt, „im Leben zurechtzukommen“ und sich gewisse Fertigkeiten anzueignen. Aber mindestens genauso wichtig ist es, dass die Rahmenbedingungen stimmen. „Unsere Eltern sind sehr viel entspannter, wenn der Unterricht mal ausfällt.“ Wenn sie aber das Gefühl haben, ihre Kinder sind nicht gut versorgt, sei das anders. Wenn Kinder sich nicht richtig verständlich machen können, brauchen sie Dolmetscher ihrer Bedürfnisse. Als Elternbeiratsvorsitzende ist Stuttgart - Siepmann eine solche Dolmetscherin. Wie alle, die so ein Amt haben, „weil ich bei den Wahlen nicht rechtzeitig zu Boden geschaut habe“.