Wie verändern sich die Wünsche von Jugendlichen? Vor einem Jahr hatten wir Manar Bjeirmi aus Syrien und Simon Oder aus Stuttgart beim Kinder- und Jugendfestival nach Ihren Träumen gefragt - Zeit für ein Wiedersehen.

Freizeit & Unterhaltung : Ingmar Volkmann (ivo)

Stuttgart - Vor einem Jahr haben wir die beiden Jugendlichen Simon Oder und Manar Bjeirmi vor dem Stuttgarter Zeitung Kinder- und Jugendfestival interviewt. Was ist seitdem aus ihren Träumen geworden? Der Stuttgarter Simon Oder hat sein Abitur bestanden, der Syrer Manar Bjeirmi tritt beim Festival auf, das an diesem Wochenende rund um Schlossplatz und Eckensee stattfindet. Der 16-jährige Bjeirmi und der 18-jährige Oder über veränderte Musikgeschmäcker und Probleme bei der Suche nach einer Wohnung.

 
Manar, vor einem Jahr hattest du dir beim Fußball die Hand gebrochen. Hast du dich seitdem wieder auf den Platz getraut?
Manar (lacht): Nein, das Fußballspielen habe ich aufgegeben.
Simon, du warst sehr aktiv auf dem Platz beim SV Gablenberg, wie sieht es bei dir mit der schönsten Nebensache der Welt aus?
Simon: Ich spiele nach wie vor wahnsinnig gerne. Außerdem habe ich ja gerade mein Abi hinter mich gebracht und werde anschließend meinen Bundesfreiwilligendienst bei uns im Verein absolvieren.
Was wirst du da genau machen?
Simon: Ich betreue ein Jahr lang vier Flüchtlinge, die in unserem Verein aktiv sind, und begleite sie auf Ämter oder helfe ihnen, wenn es um einen Arztbesuch oder andere ganz alltägliche Fragen geht.
Das klingt spannend. Kommen die Geflüchteten wie Manar aus Syrien?
Simon: Nein, aus Afghanistan.
Manar, was für Neuigkeiten gibt es von dir und deiner Familie?
Manar: Unser Aufenthaltsstatus hat sich geändert! Wir haben kürzlich den Brief bekommen, dass wir nun für mindestens ein Jahr in Deutschland bleiben dürfen. Unser Anwalt hofft darauf, dass wir die nächsten drei Jahre hier bleiben dürfen. Das macht uns sehr glücklich. Wir suchen nun nach einer Wohnung, weil wir aus der Unterkunft in Hattenhofen raus müssen.
Und wie gestaltet sich die Suche?
Manar: Sehr schwierig, dabei suchen wir mittlerweile in einem sehr großen Radius. Einer Flüchtlingsfamilie mit drei Kindern vermietet aber keiner gerne eine Wohnung, zumal der Wohnungsmarkt ohnehin schwierig ist und auch viele Deutsche auf der Suche sind. Wir bleiben aber dran: Mein Vater arbeitet mittlerweile als Hausmeister, mein kleiner Bruder ist jetzt in der ersten Klasse auf der Grundschule. Wir fühlen uns sehr wohl in Deutschland.
Vor einem Jahr war die Musik eure gemeinsame Sprache. Hat sich an eurem Faible für amerikanischen Hip-Hop etwas geändert?
Manar: Nein, gar nicht. Ich liebe Eminem und finde auch ein paar deutsche Rapper gut. Zum Beispiel träume ich immer noch davon, eines Tages Cro kennenlernen zu dürfen. Mir ist es aber nach wie vor am wichtigsten, dass der Hip-Hop eine Botschaft vermittelt. Deshalb erzähle ich in meinen Liedern vom Krieg in meiner syrischen Heimat.
Simon: Bei mir hat sich das total verändert. Ich höre gar keinen Hip-Hop mehr und bin stattdessen beim Jazz gelandet.
Wie konnte das passieren?
Simon: Das hat sich so ergeben. Ein paar Freunde haben mir die Musik nähergebracht. Seitdem höre ich sie, wann immer es geht, beim Joggen, beim Lernen.
Stichwort Lernen, Simon, in den vergangenen Monaten musstest du etwas mehr pauken als sonst. Wie hast du die Lernphase auf das Abitur erlebt?
Simon: Für Mathe musste ich unheimlich viel machen. Gemeinschaftskunde ging mir leichter von der Hand.
Wie lautete da das Thema?
Simon: Wie die Medien die Politik beeinflussen.
Das wüsste ich auch gerne...
Simon: Durch Agenda-Setting: indem über unterschiedliche Themen berichtet wird. Das greift die Politik dann wieder auf.
Wieder was gelernt. Manar, dein Deutsch hat sich unglaublich verbessert, seit wir uns das letzte Mal getroffen haben.
Manar: Danke, es geht voran. Ich muss nach wie vor viel lernen, um meinen Hauptschulabschluss im kommenden Jahr zu schaffen. Außerdem träume ich noch immer davon, dass ich eines Tages als Arzt arbeiten kann.
Und was macht deine Karriere als Rapper MC Manar?
Auch das geht ein bisschen voran. Beim Kinder- und Jugendfestival darf ich gleich zweimal auftreten, am 28. Juli spiele ich dann auf dem Internationalen Fest der Caritas auf dem Berger Festplatz.
Simon, vor einem Jahr hast du erzählt, dass du Sportmanagement studieren möchtest. Bleibt es bei diesem Plan?
Simon (lacht): Nein, die Planung hat sich wie mein Musikgeschmack verändert.
In welche Richtung?
Ich möchte Jura studieren.
Wieso das?
Simon: Weil ich damit anschließend einfach mehr Berufsmöglichkeiten habe.
Im nächsten Jahr wirst du für das Kinder- und Jugendfestival dann wohl zu alt sein. Das heißt, wir treffen uns zum nächsten Interview, wenn du deine erste Stelle als Richter angetreten hast?
Simon: Ich komme jetzt mit einem Abitur-Schnitt von 2,7 raus. Mit dem Aufwand, den ich für die Schule betrieben habe, ist das vollkommen in Ordnung. Ich bin sehr zufrieden. Läuft aber wohl eher auf Anwalt und nicht auf Richter heraus…