Bei der Veranstaltung „Wie bleibe ich in der Stadt mobil?“ der Stuttgarter Zeitung kritisierte Oberbürgermeister Fritz Kuhn die Autoindustrie scharf, weil sie sich lange dagegen gewehrt hat, Dieselfahrzeuge nachzurüsten.

Stuttgart - Die Pläne der Bundesregierung, Fahrverbote durch eine Änderung des Immissionsschutzgesetzes abzuwenden, hat der Stuttgarter OB Fritz Kuhn (Grüne) als „Panikreaktion“ kritisiert. Mit Blick auf die Landtagswahlen am Sonntag in Hessen, wo in der Metropole Frankfurt Fahrverbote drohen, sagte Kuhn: „Ich hake das ab, das ist nicht durchdacht.“ Bei der Veranstaltung „Wie bleibe ich in der Stadt mobil?“ der Stuttgarter Zeitung verteidigte Verkehrs-Staatssekretär Steffen Bilger den Vorstoß gegen die Kritik Kuhns. Es mache keinen Sinn und sei unverhältnismäßig, sagte Bilger, in Frankfurt Fahrverbote zu verfügen, da die Stadt kurz davor stehe, die Grenzwerte einzuhalten. Der Staatssekretär kritisierte seinerseits eine Stadt wie Berlin, wo trotz bevorstehender Fahrverbote völlig veraltete Touristenbusse unterwegs seien. „Diese Stadt lässt die Autofahrer in Stich“, sagte Bilger. Die Bundesregierung will im Immissionsschutzgesetz konkreter festlegen, was als verhältnismäßig gilt.

 

Nicht alle Hersteller machen mit

Dieselkrise und Fahrverbote haben bei der Veranstaltung zum Auftakt des StZ-Fachkongresses „Stadt der Zukunft – Zukunft der Stadt“ am 24. und 25. Oktober in Stuttgart die Diskussion geprägt. Kuhn kritisierte die Autoindustrie scharf, weil sie sich lange dagegen gewehrt hat, Dieselfahrzeuge nicht nur durch Software-Updates, sondern auch durch Hardware nachzurüsten. Der designierte Daimler-Vorstandsvorsitzende Ola Källenius wehrte sich. Daimler, so sagte er, halte die Hardware-Nachrüstung zwar nicht für die beste Maßnahme, werde aber nicht bremsen, sondern einen konstruktiven Beitrag leisten. Daimler bietet nach seinen Worten einen Beitrag von 2400 Euro für die Nachrüstung an. Dies entspricht nach Schätzungen etwa 80 Prozent der Kosten.

Auf Nachfrage von StZ-Chefredakteur Joachim Dorfs, der die Diskussion moderierte, lehnte er die Übernahme der verbleibenden 20 Prozent der Kosten ab und sagte: „2400 Euro sind ein stattlicher Betrag.“ Staatssekretär Bilger sagte mit Blick auf die 20 Prozent, er hoffe, dass sich die Industrie noch einen Ruck gebe. Allerdings wollen nicht alle Hersteller bei der Nachrüstung überhaupt mitmachen. Bei Euro-4-Dieselfahrzeugen gelten Hardware-Nachrüstungen als aussichtslos. Bilger: „Das macht keinen Sinn.“

Viele technische Fragen sind offen

Offen blieb in der Diskussion, wann genau mit der Nachrüstung begonnen werden kann. „Wenn wir jetzt zügig starten, dann könnte das noch im Jahr 2019 Auswirkungen“, drückte Kuhn aufs Tempo. Bilger räumte ein, dass die Bundesregierung zu lange gebraucht habe. So sind noch immer eine Vielzahl von technischen Einzelfragen offen. Bilger: „Das muss sich jetzt in den nächsten Wochen klären.“