In schwierigen Zeiten heißt es zusammenstehen: Deshalb unterstützen die beiden Spendenaktionen von Stuttgarter Zeitung und Stuttgarter Nachrichten, Hilfe für den Nachbarn e. V. und Aktion Weihnachten e. V., über einen gemeinsamen Fonds bedürftige Menschen in Stuttgart und der Region.

Lokales: Sybille Neth (sne)

Stuttgart - Die gute Nachricht zuerst: Die digitalen Medien können in der Ausnahmesituation wenigstens ein klein wenig den Kummer der alten und behinderten Menschen in Pflegeeinrichtungen lindern. So hat die Caritas für ihre Wohngruppen Tablets angeschafft, damit die Bewohner wenigstens über Skype den Kontakt zu ihren Angehörigen halten können. „Pro Gruppe haben wir ein Tablet“, berichtet Johannes Rost von der der Caritas. Sollten die Angehörigen kein geeignetes Gerät besitzen, kann ihnen bei der Caritas ebenfalls geholfen werden. Es fehlt jedoch an weiteren Tablets.

 

Sozial benachteiligte Menschen oder Menschen mit gesundheitlichen Problemen haben in diesen Wochen aus vielerlei Gründen besondere Schwierigkeiten, ihre Alltagsprobleme zu managen, denn es zeigt sich: Das Virus verschärft die sozialen Unterschiede.

Vom Online-Unterricht abgehängt

Darunter zu leiden haben besonders Kinder und Jugendliche. Was macht ein Schüler, wenn er dem Online-Unterricht folgen soll, wenn Arbeitsbögen ausgedruckt werden müssen, jedoch kein tauglicher Rechner und schon gar kein Drucker vorhanden ist? Was tun, wenn mehrere Kinder lernen sollen und sich den PC womöglich noch mit den Eltern teilen müssen, die ihn für Homeoffice-Aufgaben benötigen? Die Schulprogramme sind nicht über das Smartphone abrufbar, der Gang ins Internetcafé oder der Besuch beim Klassenkameraden sind wegen der „Bleib zu Hause“-Regelung nicht erlaubt. Die Caritas und die Evangelische Gesellschaft wollen deshalb einen Finanzfonds für Laptops und Drucker einrichten, mit dem sie unbürokratisch helfen können. „Ein Laptop ist eine sinnvolle Anschaffung, denn das benötigen die Kinder in der weiterführenden Schule und in der Ausbildung später ohnehin“, begründet Sabine Reichle das Anliegen der Caritas.

Neue Anregungen durch Basteln

Ingrid Nicklaus von der Evangelischen Gesellschaft sieht sich noch mit einem völlig unerwarteten Problem konfrontiert: „Wenn die Farbpatronen leer sind, kann man die ja nicht nachkaufen. Die Geschäfte sind zu.“ Die Bestellung im Internet ist für Familien in prekären Verhältnissen oft nicht möglich. „Unsere Sozialarbeiter haben schon über ihre eigenen Konten solche Dinge besorgt, damit die Kinder weiter lernen können“, berichtet sie. Nach den Schulaufgaben kommt die Langeweile, und damit sind Konflikte in beengten Wohnverhältnissen unausweichlich. Beim Kinderschutzbund macht man sich Sorgen um die bereits vorbelasteten Familien: „Zum einen, weil sie nicht mehr in die Beratung kommen können, die ist geschlossen, zum anderen wegen des wachsenden Gewaltpotenzials“, beschreibt Beate Staatz die Lage. Deshalb will der Kinderschutzbund einen Fundus an Gesellschafts- und Puzzlespielen, Büchern und Bastelutensilien anschaffen. Auch Erde, Samen, Schaufeln und Töpfe für kleine Pflanzexperimente auf dem Balkon sollen Interesse wecken und so Kinder, Mütter und Väter zu gemeinsamen Aktivitäten anregen. „Wir wollen diese Dinge an die Familien weitergeben oder ausleihen“, kündigt Beate Staatz an.

Dauernd ist der Kühlschrank leer

Die Auswirkungen des Virus fressen sich bis in den Kühlschrank. Das Schulessen fällt weg, und gerade Jugendliche haben oft einen gesunden Appetit. „Bei vielen Familien wird das Geld für Lebensmittel knapp“, berichtet Ingrid Nicklaus. Bei etlichen Beziehern von Arbeitslosengeld II ist wegen des Stillstands im öffentlichen Leben der Minijob oder das kleine Zubrot durch einen „Ein-Euro-Job“ weggefallen. Betroffen sind sozial Schwache davon in doppelter Weise: Der Wegfall der Arbeitsmöglichkeiten zum Beispiel durch die Schließung der Sozialkaufhäuser reißt ein Loch in die Haushaltskasse, und gleichzeitig gibt es keine günstigen Einkaufsmöglichkeiten mehr.

So mussten die Tafelläden ihre Öffnungszeiten kürzen. Dabei sind die Regale voll: mit Spenden aus der Gastronomie, von Caterern, aus Schulküchen. Dennoch geht es bei den insgesamt vier Läden des gemeinnützigen Vereins Schwäbische Tafel Stuttgart e. V. ums Ganze: „Unsere Einnahmen haben sich halbiert“, rechnet Hilli Pressel, stellvertretende Projektleiterin, vor. Statt 2000 Kunden am Tag kommen noch 1000. Denn die meisten derer, die bei der Tafel einen Job auf dem zweiten Arbeitsmarkt hatten, dürfen diesen aus Alters- und gesundheitlichen Gründen derzeit nicht ausüben. Dennoch muss der Verein die Stellen von 16 Festangestellten finanzieren. Hinzu kommen Ladenmieten, Nebenkosten, die Kosten für den Fuhrpark und die Transporte. Wegen der Ansteckungsgefahr dürfen nur noch fünf Kunden gleichzeitig im Laden sein. „Beim Leo-Laden stehen die Leute Schlange bis zum Österreichischen Platz“, weiß Hilli Pressel. Es darf auch nur noch jeden zweiten Tag eingekauft werden, sonst kann das Personal die Auflage mit nur fünf Kunden gleichzeitig im Tafelladen nicht erfüllen. „Das erfordert eine Menge Erklärungsbedarf, und viele verstehen es einfach nicht“, sagt sie. „Wir haben erfreulicherweise einige junge ehrenamtliche Mitarbeiter dazubekommen, die diese Aufgabe übernehmen.“ Ob der gemeinnützige Verein öffentliche Gelder bekommt und wie es weitergeht, ist bis dato nicht geklärt.

Flaschensammler gehen leer aus

Auch für die Ärmsten der Armen, die Wohnungslosen, werden Spenden für Einkaufsgutscheine benötigt, damit sie sich mit dem Nötigsten versorgen können. „Von den Paketen an den Zäunen halten wir nicht viel“, sagt Sabine Reichle von der Caritas. Jeder solle das einkaufen können, was er braucht. Die Zuverdienste der Wohnsitzlosen durch Flaschensammeln fallen durch den Wegfall aller öffentlichen Veranstaltungen und dem Verweilen in Parks weg.

Die Drogenberatung Release möchte ihren Klienten ebenfalls mit jeweils individuell gepackten Carepaketen helfen. So soll ihnen, die allesamt zur Hochrisikogruppe gehören, das Einkaufen im Supermarkt erspart bleiben. Die Tagesklinik muss derzeit geschlossen bleiben, die Therapien werden telefonisch fortgesetzt. Release bietet zahlreiche Arbeitsgelegenheiten wie zum Beispiel im Kulturwerk Ost oder beim Arbeitsprojekt Star. Sie alle fallen jetzt weg und damit nicht nur die paar Euro, die sich die Klienten hinzuverdienen können, sondern auch die positiven sozialen und psychologischen Effekte, die gerade für Menschen aus dem Drogenmilieu von großer Bedeutung sind, bedauert Release-Geschäftsführer Bernd Klenk: der Aufbau einer Tagesstruktur und die Wertschätzung der eigenen Person durch den Job.

Schutzkleidung wird dringend gesucht

So ungewöhnlich es klingen mag, auch die Kliniken benötigen Geld- und Sachspenden, mit denen die Gesundheit des Personals in den Krankenhäusern und allen Pflegeeinrichtungen geschützt werden soll. „Wir reden täglich über die ganzen Sorgen und Nöte und benötigen dringendst Schutzausrüstungen für die Mitarbeiter“, sagt Markus Mord. Er ist Sprecher und stellvertretender Vorsitzender des Verbands Krankenhäuser in Stuttgart. Auf dem leer gefegten Markt seien skrupellose Geschäftemacher unterwegs, aber selbst bei seriösen Anbietern von Schutzkleidung sind die Preise gestiegen. Aber, so betont Mord, keinesfalls dürfe deshalb die Gesundheit des Klinik- und Pflegepersonals riskiert werden.

Corona-Soforthilfe

Die beiden Spendenaktionen Hilfe für den Nachbarn e. V. der Stuttgarter Zeitung und Aktion Weihnachten e. V. der Stuttgarter Nachrichten arbeiten in dieser Ausnahmesituation eng zusammen, denn Zeiten wie diese erfordern es, auch bei der Unterstützung hilfsbedürftiger Menschen neue Wege zu gehen. Gemeinsam rufen beide Benefizaktionen deshalb zu Spenden für Menschen auf, die ohnehin schon bedürftig sind und durch die Corona-Krise noch weiter in eine finanzielle Schieflage zu geraten drohen.

Spendentopf

Beide Aktionen arbeiten seit jeher mit zahlreichen karitativen Partnerorganisationen zusammen. Über diese können bedürftige Menschen einen Spendenantrag stellen lassen. Alle Formalitäten erledigen die Sachbearbeiter der jeweiligen Organisation. Bei der Corona-Soforthilfe zeigt sich, dass eine schnelle unbürokratische Unterstützung – zum Beispiel für den Kauf von Schüler- Laptops – über den Dienstweg eines individuellen Spendenantrags nicht praktikabel ist. Die Partnerorganisationen benötigen einen Fonds, aus dem sie schöpfen können.

Jeder Cent geht an die Bedürftigen

Beide Benefizaktionen sind stolz darauf, dass sie jeden Cent an die bedürftigen Menschen weitergeben können. Alle Unkosten werden von StZ und StN getragen. Das ist auch bei der Corona-Soforthilfe so. Spenden erbitten wir auf das Konto von Hilfe für den Nachbarn. Gemeinsam wird entschieden, für welche Verwendungszwecke sie vergeben werden.

So können Sie spenden:

Iban: DE 53 6005 0101 0002 2262 22 Baden-Württembergische Bank/Stichwort: Corona
Die StZ und die StN danken allen Spendern!

Hilfe für den Nachbarn

Das Spendenkonto:
IBAN DE53 6005 0101 0002 2262 22
BIC SOLADEST600
Kennwort: „Hilfe für den Nachbarn“

Bitte vermerken Sie auf der Überweisung unbedingt, ob Ihr Name veröffentlicht werden soll.