Der portugiesische Superstar Cristiano Ronaldo von Juventus Turin ist mehr als ein selbstverliebter Schnösel und noch einen Tick besser als Lionel Messi, findet unser Sportredakteur Gerhard Pfisterer.

Sport: Gerhard Pfisterer (ggp)

Stuttgart - Wie gut Cristiano Ronaldo ist, zeigt besonders ein Blick dorthin, wo er nicht mehr ist. Real Madrid strauchelt gewaltig ohne den Superstar, der im Sommer zu Juventus Turin wechselte. Der 34-Jährige fehlt dem Champions-League-Sieger der vergangenen drei Jahre mehr als gedacht. Er steht nach seiner Drei-Tore-Gala im Rückspiel am Dienstagabend gegen Atlético Madrid (3:0) im zehnten Jahr nacheinander im Viertelfinale der Königsklasse – Real ist raus.

 

Ronaldo ist der beste Fußballer unserer Zeit. Es gibt sicher auch Argumente für Lionel Messi, den argentinischen Zauberfloh des FC Barcelona. Doch der Portugiese ist noch einen Tick besser – besonders auf der ganz großen Bühne. Er hat mit seinem Nationalteam mehr erreicht, 2016 führte er es überraschend zum EM-Titel. Und er ist der Spieler mit den meisten Toren (124) und den meisten Titeln (fünf) in der Champions League; einmal triumphierte er mit Manchester United, viermal mit Real Madrid.

Es liegt nahe, ihn arrogant und kindisch zu finden und ihn als selbstverliebten Schnösel oder eitlen Pfau anzusehen mit seinem Gehabe vor Freistößen, seinen übertriebenen Jubelposen, zu weit hochgezogenen kurzen Hosen und dem bisweilen befremdlichen Umgang mit Gegnern oder Reportern. Da ist was dran. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass er zugleich einer ist, der sich nicht tätowieren lässt, um regelmäßig Blut spenden zu können, ein Herz für seine Fans zeigt und zu den großzügigsten Sportlern der Welt gehört, was das karitative Engagement angeht.

Bei aller Lobhudelei und Verehrung sollte jedoch nicht vergessen werden, dass Ronaldo ein verurteilter Straftäter ist. Wegen Steuerhinterziehung musste er 18,8 Millionen Euro nachzahlen und erhielt eine Haftstrafe von 23 Monaten und 30 Tagen auf Bewährung. Erst vergangenes Jahr war das. Auch Vergewaltigungsvorwürfe gibt es gegen ihn. Zu schnell gerät all dies angesichts von triumphalen Champions-League-Abenden in den Hintergrund, nicht nur bei Ronaldo.

Der schöne Reiche polarisiert mehr als jeder andere Fußballer und ist sicher die Verkörperung des Begriffs One-Man-Show – von seinen Mitspielern wird er jedoch stets in den höchsten Tönen gelobt. Er ordnet dem Erfolg alles unter, arbeitet wie ein Besessener an sich selbst. Wenn er die Kabine betritt, steigt automatisch das Konzentrationslevel, alle blicken zu ihm auf, erzählen Teamkollegen wie Sami Khedira. Sportlich ist Ronaldo über jeden Zweifel erhaben.