Das Elternnetzwerk der Gemeinschaftsschulen hat nach eigenen Worten „vernichtende“ Kritik an der Kultusministerin geübt. Es geht um ihr Krisenmanagement in der Corona-Zeit.

Stuttgart - Die Bilanz ist kurz und knapp: „In diesem Jahr fällt das Urteil der Eltern zur Performance der Kultusministerin vernichtend aus“, sagt Ulrike Felger, die Sprecherin des Elternetzwerks im Verein für Gemeinschaftsschulen. In einer Pressemitteilung lässt das Elternetzwerk so gut wie kein gutes Haar an der Kultusministerin – vor allem wegen des Managements in der Corona-Krise. Eisenmann werde „ihrer Aufgabe nicht ansatzweise gerecht“, heißt es.

 

Lehrer und Schüler fühlen sich allein gelassen

Natürlich seien auch die Politiker angesichts der Dynamik der Krise „auf Sichtflug“ unterwegs gewesen – die Schulschließungen und der Fernunterricht seien ein monatelanger Kraftakt gewesen, es habe ein „Schule@Home“ gegeben, dass aber vielerorts den Namen kaum verdiente habe. „Mitten drin unsere Kinder und Lehrer, allein gelassen von einer Schulbehörde, die schon vor Corona vorzugsweise mit sich selbst beschäftigt war. Allein gelassen von einer Kultusministerin, die selbst in der Pandemie mehr Energie für ihre politische Ambitionen aufbringt, als für das Wohlergehen der Schüler.“

Für Lehrkräfte und Eltern sei die Zeit ein Kampf gewesen. „Selbst Familien mit allerbesten Voraussetzungen, mit digitalen Endgeräten, schneller Datenleitung und hohem Bildungsgrad sind dabei massiv an ihre Grenzen gestoßen“, sagt Felger. Die Ministerin aber habe ihren Fokus auf Prüfungen und das Ansehen baden-württembergischer Schulabschlüsse außerhalb des Landes verengt. Aus dem Ministerium sei „via Verlautbarungen an die Presse“ regiert worden, durch Mitteilungen über die Medien. „Der ohnehin schon spärliche Dialog mit den offiziellen Vertretern der Elternschaft wurde komplett eingestellt“, berichtet Netzwerk-Mitglied Petra Rietzler, die die Gemeinschaftsschule auch im Landeselternbeirat vertritt.

Im Video: Kinderbetreuung in Corona-Zeiten – Das sagen Eltern und Experten

Die Lernbrücken seien eine Sommerlochinszenierung

Das „Desinteresse der Kultusministerin an den Kindern“ werde nun kaschiert durch eine Sommerloch-Inszenierung namens Lernbrücken. „Wer ansatzweise etwas über Lehren und Lernen weiß, erkennt, dass es sich dabei um Potemkinsche Dörfer handelt, die den ohnehin schon erschöpften Schulleitungen noch mehr Arbeit auf den Schreibtisch spült“, heißt es in der Mitteilung. Erreicht werden mit dem Angebot nur etwa vier Prozent der Schüler. Ebenfalls „gehypt“ werden die Sommerschulen: 2000 Kinder können an 54 Standorten intensiv lernen. Angesichts von rund 1,5 Millionen Schülern im Land sei dies eine weitere Bankrotterklärung der Kultusministerin.

Mit den Lernbrücken werde die „Schuld“ an andere verteilt. „Durch intensive Nachhilfe in den Sommerferien geben wir Schülerinnen und Schüler die Chance, coronabedingte Lernlücken zu schließen“, heiße es auf der Website des Kultusministeriums. Darin stecke eine klare Botschaft an die breite Bevölkerung: Wer diese Chance nicht nutze, habe nichts anderes verdient, als im nächsten Schuljahr zu scheitern. „Also sind es Rabeneltern, die ihrem Kind diese Möglichkeit verwehren?“ fragt das Elternnetzwerk.

Um aufzuholen, was durch die Pandemie und „ein miserables Management“ der Kultusministerin versäumt wurde, blieben den Kindern zwei Wochen lang täglich vier Stunden Lernangebot in bunt gewürfelten Gruppen, oft fremden Lehrkräften, an bisweilen anderen Schulen, sowie eine Verschiebung der Abschlussprüfungen 2021 um einige Wochen.

Krise nicht als Zäsur begriffen

Kritik wird auch an der Maskenpflicht im neuen Schuljahr geübt. „Kinder haben kaum Fürsprecher und schon gar keine Lobby – erschreckender Weise auch nicht in der Kultuspolitik der Landesregierung“, sagt Elternvertreter Joachim Drauz. „Es wäre ein leichtes gewesen, in der Schule@Corona die Kinder selbst zu fragen, was sie eigentlich brauchen.“ Stattdessen rege man sich lieber über die neuesten Zahlen zum Online-Konsum der Jugend auf. Die Kinder seien „abrupt abgeschnitten“ worden von ihren Freunden, sie seien oft genug beim Lernen auf sich selbst gestellt und hätten sich bei der Suche nach Ablenkung und Zerstreuung „in den letzten Monaten die digitale Welt“ erschlossen. Das passe nicht zur „Feuerzangenbowlen-Romantik“ der Ministerin. Statt die Pandemie als Zäsur zu begreifen, um das rückständige baden-württembergische Schulsystem in die Zukunft zu bringen, wurden die Belastbarkeit und die Leidensfähigkeit der Beteiligten schonungslos auf die Probe gestellt, meint das Elternnetzwerk.