Morgens von Stuttgart nach Berlin, abends zurück, am langen Wochenende nach Madrid - für viele ist Fliegen nichts Besonderes mehr. Fürs Klima ist das ein Problem. Die Umweltministerin will daher an der Preisschraube drehen.

Berlin - Mit der Forderung nach höheren Preisen im Flugverkehr stößt Bundesumweltministerin Svenja Schulze auf Kritik in der großen Koalition. Die SPD-Politikerin will zunächst die Luftverkehrsabgabe in Deutschland erhöhen und drängt auf eine europaweite stärkere finanzielle Beteiligung der Flugbranche am Klimaschutz.

 

Kritik kam unter anderem vom Wirtschaftsminister Peter Altmaier: „Ich glaube nicht, dass es sinnvoll ist, über Einzelmaßnahmen zu diskutieren“, sagte der CDU-Politiker am Donnerstag. „Vorpreschen“ trage nicht dazu bei, dass in der Bundesregierung eine Einigung auf ein Gesamtpaket für mehr Klimaschutz gelinge.

Schulze platzierte ihren Vorschlag, über den zuerst die „Rheinische Post“ berichtete, unmittelbar vor der dritten Sitzung des Klimakabinetts am Donnerstagabend. Die Minister sollen sich dort unter Leitung von Kanzlern Angela Merkel (CDU) bis Ende September darauf einigen, wie Deutschland in Zukunft eigene und internationale Klimaziele erreicht. Im Gespräch ist, Sprit, Heizöl und Erdgas über einen CO2-Preis teurer zu machen, Fliegen wäre davon nicht betroffen.

Branche reagiert umgehend

„Es kann nicht sein, dass auf bestimmten Strecken Fliegen weniger kostet als Bahnfahren“, schrieb Schulze am Donnerstag unter anderem in ihrem Whatsapp-Kanal und auf Twitter. Die Instrumente, die es schon gebe, reichten nicht aus, es brauche mehr Klimaschutz-Anreize beim Fliegen. Ein europaweites Vorgehen sei der beste Weg, aber darauf könne Deutschland nicht warten. „Ich bin deshalb dafür, dass wir die Luftverkehrsabgabe in einem ersten Schritt erhöhen.“

Die Branche reagierte umgehend: „Nationale Alleingänge mit einer weiteren Erhöhung der Luftverkehrsteuer wären der völlig falsche Weg“, sagte Matthias von Randow, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Luftverkehrswirtschaft. Das führe nur dazu, dass Passagiere zu ausländischen Wettbewerbern wechselten.

Die Lufthansa verwies auf den europäischen Emissionshandel, an dem neben Energiebranche und Industrie auch der innereuropäische Luftverkehr beteiligt ist, und geplante Kompensationen im Rahmen der Vereinbarung Corsia, an der sich ab 2021 mehr als 70 Staaten - zunächst freiwillig - beteiligen wollen. Statt die deutsche Luftverkehrsteuer zu erhöhen, solle man besser die Einnahmen für die Förderung alternativer Kraftstoffe nutzen.

Frankreich löst Debatte aus

Frankreichs Regierung hatte angekündigt, ab 2020 eine Umweltsteuer auf Flugtickets zu erheben, und damit eine Debatte ausgelöst. Die Steuer soll je nach Art des Tickets zwischen 1,50 und 18 Euro betragen. Die deutsche Luftverkehrsteuer wird seit 2011 mit Sätzen von aktuell 7,38 Euro bis 41,49 Euro erhoben. Sie spülte im vergangenen Jahr knapp 1,2 Milliarden Euro in den Bundeshaushalt.

Unions-Fraktionsvize Andreas Jung (CDU) sagte im Sender WDR5, es sei richtig, das Fliegen teurer zu machen, und nannte die Ticketabgabe Großbritanniens als Vorbild. Die Einnahmen sollten für den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs genutzt werden. FDP-Fraktionsvize Christian Dürr sagte, wenn dann solle Schulze das Bahnfahren günstiger machen und nicht das Fliegen teurer.

Die Grünen im Bundestag teilten mit, eine höhere Luftverkehrsabgabe könne „ein Anfang“ sein - es brauche aber unter anderem auch eine Steuer auf Kerosin. Das hält das Bundesumweltministerium für nicht zielführend, weil Flugzeuge zu einfach anderswo tanken könnten. Die Umweltschutzorganisation BUND begrüßte Schulzes Vorstoß, hält ihn aber auch nicht für ausreichend: „Wir fordern darüber hinaus, dass besonders für Kurzstreckenflüge, für die es bereits klimafreundliche Alternativen gibt, höhere Abgaben gezahlt werden“, sagte Verkehrsexperte Arne Fellermann.

Schulzes Parteifreund und Bundesfinanzminister Olaf Scholz zeigte sich eher zurückhaltend. Es brauche weitere Regeln und ein „vernünftiges System der Bepreisung“, sagte er beim Treffen der G7-Finanzminister in Chantilly. Es sei aber wichtig, dass vor allem Bürger mit geringem Einkommen nicht zu sehr belastet würden.