In dem SWR-Bürgertalk „Mal ehrlich“ hat Florian Weber seine Gäste gefragt, wozu wir den öffentlich-rechtlichen Rundfunk brauchen. Der SWR und die AfD haben – was die Finanzierung angeht – jedenfalls sehr unterschiedliche Ansichten.

Stuttgart - So kann das gehen. Was als harte Diskussion angekündigt war, wurde schnell zu einer Stunde, in der sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk seinen beitragsfinanzierten Bauch selbst pinseln konnte. Eigentlich waren die Studiogäste beim SWR-Bürgertalk „Mal ehrlich“ am Mittwochabend dazu eingeladen, dem SWR-Chef Peter Boudgoust ins Gesicht zu sagen, wie unzufrieden sie mit der ARD und dem ZDF sind. Aber schon beim Sammeln erster Antworten auf die von dem Moderator Florian Weber gestellte Frage „Wozu brauchen wir den öffentlich-rechtlichen Rundfunk?“ sprachen die Gäste brave Worte ins Mikrofon: „für die Vielfalt“, „als zentrale Säule der Demokratie“, „für ein anspruchsvolles Programm“ und um „Facebook und Google nicht alleine die Medienmacht zu überlassen“.

 

Die wenigen Kritikpunkte aus den Zuschauerreihen galten den Reizthemen Werbung, Wiederholungen und fehlende Programmangebote für die Jüngeren. Peter Boudgoust konnte das getrost als „alte Klagen“ abtun und beteuern, das eine – Werbung und Wiederholungen – hinge eben zwangsläufig mit der Wirtschaftlichkeit zusammen, das andere – Programm für die Jungen – sei längst in Angriff genommen. Blieb ein großer Aufreger übrig: die Finanzierung.

Dass er bekanntermaßen gegen die Zwangsfinanzierung ist, hat dem AfD-Bundessprecher und Parteivorsitzenden Jörg Meuthen seine Einladung gesichert. Krawallig prangerte er es als soziale Ungerechtigkeit an, dass auch die Menschen Fußballsendungen finanzieren sollten, die Fußball gar nicht interessiert. Der SWR-Justiziar Hermann Eicher rechnete daraufhin etwas herablassend vor, der Zuschauer, der sich die Schlagershow im Ersten angucke, finanziere ja auch das Kulturprogramm von SWR 2 mit. Bevor sich allzu viel Unmut zusammenbrauen konnte, verwies Florian Weber auf die neueste Konsumentenaushorchung. Auf die Frage „Wie zufrieden sind Sie alles in allem mit den Angeboten der öffentlich-rechtlichen Radio- und Fernsehsender?“ antworteten 61 Prozent der Befragten mit „sehr zufrieden“ (12 Prozent) oder mit „zufrieden“ (49 Prozent). Auch bei den Zuschauern von 18 bis 34 Jahren liegt die Zufriedenheit mit den Programmangeboten demnach bei 60 Prozent.

Bedrohung aus Amerika

Die jüngeren Studiogäste wollten den SWR allerdings nicht so einfach in die von Umfragezahlen gepolsterte Existenzberechtigung zurücksinken lassen. Die einen forderten mehr gutes Entertainment, die anderen weniger Entertainment, dafür mehr Information. Eine junge Frau empfand die auf den Markt drängenden amerikanischen Streaming-Dienste wie Netflix als Bedrohung, der man ein starkes System entgegensetzen müsse. Die Netflix-Serie „Dark“ sei aktuell zwar ein Riesenerfolg, aber die ARD-Serie „Charité“ habe ja bewiesen, dass die jüngeren Zuschauer auch durchaus von den Öffentlich-Rechtlichen abgeholt werden könnten: „Das Nebeneinander ist diesem Bereich ist doch gut. Netflix und Co. sollte man nur nicht in Sachen Information zu stark werden lassen“. Womit die interessante Frage auf dem Tisch lag, wie sich ARD und ZDF von den Streamingdiensten und den Privaten in Zukunft abgrenzen wollen. Für die aber blieb keine Zeit mehr.

Die Ministerpräsidentin des Landes Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer (SPD), die mit ihren Länderchef-Kollegen im Frühjahr 2018 die Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks beschließen wird, sprach in der Sendung viel von „Demokratie“ und „Solidarität“. Aber am Ende zählte sie schnell noch mal die Baustellen im System auf: Man wolle sparen, um keine Abstriche im Programm machen zu müssen, habe die Jungen im Blick, wolle die 7-Tage-Regel (so lange können Sendungen derzeit im Netz abgerufen werden) abschaffen, werde den Bereich Streaming und Internet ausbauen. Mindestens über die letzten beiden Punkte muss aber noch viel diskutiert werden. Und zwar in sehr viel härterer Gangart als bei dieser Ausgabe von „Mal ehrlich“.