Stundenlang brüten russische und US-Diplomaten über den kniffligen Details eines neuen Waffenstillstands. Die USA kommen Russland in einem wichtigen Punkt entgegen.

Genf - Die USA und Russland wollen dem Bürgerkrieg in Syrien mit einem neuen Waffenstillstand ein Ende bereiten. Am Montagabend solle das Feuer eingestellt werden, sagte US-Außenminister John Kerry nach mehr als 13 Stunden Verhandlungen am frühen Samstagmorgen in Genf. Die Waffenruhe gelte für die mit Russland verbündeten syrischen Regierungstruppen und die von den USA unterstützen Rebellen. Werde sie umgesetzt, könne dies der Wendepunkt in dem mehr als fünfjährigen Konflikt sein. Ziel seien Frieden und ein politischer Übergang.

 

Russlands Außenminister Sergej Lawrow sagte, die Vereinbarung könne helfen, humanitäre Hilfen für syrische Zivilisten zu verbessern und den Kampf gegen den Terrorismus zu verstärken. Die Regierung von Syriens Präsident Baschar al-Assad sei darauf vorbereitet, sich an das Abkommen zu halten.

Assads Truppen müssen laut Vereinbarung ihre Angriffe in bestimmten Gebieten einstellen. Auf der anderen Seite müssen die USA die mit ihnen verbündeten Rebellen dazu bringen, sich von der Gruppe Dschabhat Fatah al-Scham zu trennen, die unter dem Namen Nusra-Front als Ableger des Terrornetzwerks Al-Kaida bekannt wurde.

Kooperation beim Vorgehen gegen den IS

Kerry sagte, ein Vorgehen gegen die Nusra-Front liege im Interesse der USA. Es wäre klug von den gemäßigten Rebellen, sich von der Gruppe zu trennen. Regierungstruppen und Rebellen müssten sich aus bestimmten entmilitarisierten Zonen zurückziehen und humanitären Helfern sowie Zivilisten Zugang gewähren. Dies gelte besonders für Aleppo, wo Assads Truppen in den vergangenen Tagen Rebellenverbände zurückgedrängt hatten. Assads Luftwaffe solle künftig nur noch die Terrormiliz Islamischer Staat bombardieren dürfen.

Teil der Vereinbarung ist zudem eine Kooperation zwischen den USA und Russland beim Vorgehen gegen IS und Dschabhat Fatah al-Scham. Diese soll eine Woche nach dem Beginn des Waffenstillstands beginnen, der mit dem muslimischen Opferfestes zusammenfällt. Auch Geheimdienstinformationen sollen ausgetauscht werden.

Einigung nach zwei Wochen zäher Verhandlungen

Lawrow sprach vom Beginn einer neuen Beziehung. Kerry sagte, die USA seien Russland in diesem Punkt entgegengekommen, weil sie davon ausgingen, dass Moskau Assad dazu zwingen könne, die Feindseligkeiten zu beenden und über Frieden zu verhandeln.

Die Verhandlungen zogen sich hin, weil die USA zögerten, sich auf eine militärische Partnerschaft mit Russland einzulassen. Lawrow scherzte, es dauere „fünf Stunden, bis unsere Freunde Rücksprache mit Washington gehalten haben“. „Wir erwägen, Feierabend zu machen und nächste Woche (wieder) zusammenzukommen“, sagte er. Lawrow bedauerte die wartenden Journalisten und versorgte sie mit Wodka und im Auftrag der US-Delegation mit Pizza.

Ein US-Regierungsbeamter bestätigte, dass Kerry Rücksprache mit Washington halte, wo es interne Diskussionen gebe. Über konkrete Streitpunkte sagte er nichts. Verteidigungsminister Ashton Carter und der Chef des Geheimdienstes NSA, James Clapper, hatten aber zuvor öffentlich Bedenken gegen eine Militärpartnerschaft mit Russland geäußert.

Dem Abkommen waren mehr als zwei Wochen angestrengter Verhandlungen voraus gegangen. Vier Mal trafen sich Kerry und Lawrow, Anfang der Woche sprachen die Präsidenten Barack Obama und Wladimir Putin über eine Waffenruhe. Frühere Vereinbarungen waren daran gescheitert, dass beide Großmächte sie bei ihren Verbündeten nicht durchsetzten.