Drei Snowboarder und ein Mountainbiker aus Stuttgart betreiben neben ihren Vollzeitjobs kleine Szene-Shops. Ihr Antrieb? Eine Alternative zum Mainstream bieten. Und das kommt ziemlich gut an.

Stuttgart - Auf dem Sofa die Füße hochlegen, zum Sport gehen oder Zeit mit der Familie und den Freunden verbringen – was für einen Großteil der arbeitenden Bevölkerung nach einem gewöhnlichen Feierabend klingt, sieht bei Matthias Schweiker und Nikolas Betzler etwas anders aus. Die beiden Stuttgarter betreiben zusätzlich zu ihrem Vollzeitjob jeweils noch ein Gewerbe. Das Besondere daran? Sie haben ihr Hobby zum Geschäftszweig ausgebaut.

 

Matthias Schweiker, von seinen Freunden nur Matze genannt, fährt leidenschaftlich Snowboard. Von der immer gleichen Auswahl an Marken und Produkten gelangweilt, gründete er als Student vor einigen Jahren mit seiner jetzigen Frau Constanze und Kumpel Jens einen eigenen Snowboard-Shop.

Dabei ist der Name „Unfamiliar“ (dt.: ungewohnt) Programm: Die angebotenen Bretter und das Zubehör sind ein Gegenentwurf zu den großen Namen und Herstellern der Szene. Einige amerikanische Marken vertreibt der Shop exklusiv. „Online muss man eine Nische finden, sonst geht man bei Google unter“, erklärt Schweiker. In diesem Jahr feiert der Laden bereits sein zehnjähriges Jubiläum. Als Lager fungiert bis heute sein Elternhaus in Stuttgart-Hofen, in dem auch ein kleiner Showroom untergebracht ist.

Der Umsatz steht nicht im Vordergrund

Der Fokus liegt allerdings ganz klar auf dem Verkauf im Netz. Dennoch stammen die meisten Kunden aus der Region Stuttgart. Und wie sieht es finanziell aus? „Richtig Geld verdienen kann man in der Branche nicht mehr“, sagt er. Auch ist der Umsatz von der Jahreszeit abhängig: In schneereichen Wintern, wie in diesem Jahr, wächst die Nachfrage deutlich. Dennoch steigen die Verkaufszahlen seit dem Start 2008 Jahr für Jahr – entgegen dem allgemeinen Shop-Sterben in der Snow- und Skate-Szene.

Im normalen Berufsleben arbeiten die beiden Männer als Ingenieure 40 Stunden die Woche, Constanze Roth ist Lehrerin. Zur Doppelbelastung sagt ihr Mann: „Der Aufwand ist an der Grenze.“ Auch aus arbeitsrechtlichen Gründen, denn mehr als zehn Stunden am Tag seien vom Gesetzgeber verboten. Sein Traum: sich zur Hälfte um den Shop zu kümmern und die andere Hälfte im bisherigen Job arbeiten. Doch selbst dann kämen feste Öffnungszeiten am Wochenende aus einem einfachen Grund nicht in Frage: „Wir wollen selbst snowboarden gehen“, so Schweiker.

Da passt das Motto der Jubiläumsveranstaltung am Samstag im Backyards Snowpark im Vorarlberger Skigebiet Brandnertal: „Kein Contest – kein Business – einfach nur Snowboarden.“

Nikolas Betzler schraubt an seiner Zukunft

Am anderen Ende der Stadt sitzt der 28-jährige Nikolas Betzler lange nach regulärem Feierabend in seiner kleinen Fahrrad-Werkstatt in Degerloch und macht sich die Hände schmutzig. Seit fast genau einem Jahr betreibt der Content-Manager eines Fahrrad-Großhändlers den Laden „Bobo’s Bikeshop“, der nach seinem Spitznamen benannt ist.

Nahe der offiziellen Downhill-Strecke gelegen, verkauft er abends für eineinhalb Stunden in der alten Oldtimer-Garage seines Vaters Ersatzteile für Mountainbikes und repariert solche. Sein Credo: „Nicht immer alles sofort wegwerfen und ersetzen, sondern Altes für den Kunden transparent reparieren.“ Guten Service gebe es in der Branche selten, wie Betzler von seiner eigenen Berufserfahrung weiß.

Das kam so gut an, dass er anfangs abends oft bis 22 Uhr in der Werkstatt stand und sich kaum noch vor Aufträgen retten konnte. Die Balance zwischen Arbeit und Hobby war auf der Kippe und er entschied sich samstags nur noch bis 14 Uhr zu öffnen: „Sonst komme ich selbst nicht mehr zum Fahren.“ Die hohe Nachfrage ist allerdings ungebrochen und in den ersten drei Monaten des Jahres hat er bereits die Hälfte des Umsatzes aus dem vergangenen Jahr gemacht. „Die Stuttgarter werden immer grüner im Kopf“, erklärt sich Betzler den Ansturm.

„Es ist nicht immer alles Zucker und rosig“

Langfristig möcht der 28-Jährige den Bikeshop zu seiner beruflichen Hauptaufgabe machen, bräuchte dafür unter anderem noch einen zusätzlichen Mitarbeiter. Manchmal kommen bei dem Stuttgarter aber auch Zweifel und auf dem Weg zu seinem zweiten Arbeitsplatz verspürt er den Drang mal Richtung Schwimmbad abbiegen, wie er lachend erzählt.

Aber das eigene Ding machen, der eigene Chef sein – das möchte Betzler nicht mehr aufgeben. „Es ist eben nicht immer alles Zucker und rosig“, lautet sein Fazit. Aber das positive Feedback der Leute, und die Unabhängigkeit in Kombination mit dem eigenen Hobby sei die harte Arbeit allemal wert.