In den USA hat die E-Zigarette Juul unter Schülern Kultstatus. Auch in Deutschland gibt es Juul mittlerweile. Experten halten das Produkt für gefährlich.

Korrespondenten: Markus Grabitz (mgr)

Brüssel - Der Markt für Tabakprodukte kommt in Bewegung. Während der Absatz der Filterzigarette schwächelt – in Deutschland wurden 2018 mit 74 Milliarden Stück gerade einmal halb so viele versteuerte Zigaretten geraucht wie im Jahr 2000 – steigen immer mehr Raucher auf alternative Produkte um. In Deutschland gibt es bereits rund 1,8 Millionen regelmäßige Konsumenten der E-Zigarette. Die Branche wächst seit Jahren um 20 bis 30 Prozent im Jahr.

 

Die Tabak-Multis reagieren auf diesen Trend. Ende letzten Jahres ist der Marlboro-Mutter-Konzern Altria mit einem Investment von elf Milliarden Euro beim US-Hersteller von E-Zigaretten, Juul, eingestiegen, der in den USA in Windeseile hohe Marktanteile erobert hat. Auch die anderen großen Spieler auf dem Tabakmarkt, etwa BAT und Reemtsma, haben sich bei E-Zigaretten-Herstellern eingekauft. Dies ist eine neue Entwicklung. Vorher dominierten kleine Händler den Markt für die E-Zigarette, die das akkubetriebene Erhitzungsgerät und die nikotinhaltige Flüssigkeit zum Verdampfen meist aus China importierten.

Die großen Spieler kommen

Jetzt drängen die großen Konzerne auf den Markt. Der Einstieg des Marlboro-Konzerns bei der Juul sorgt für Furore. Zum einen in der Branche: Das Milliardenengagement ist möglicherweise ein Hinweis auf einen Strategiewechsel. Der Tabak-Multi hatte zuvor Milliarden in die Entwicklung einer alternativen Zigarette investiert, bei dem der Tabak nicht mehr verbrannt, sondern lediglich erhitzt wird: Sie wird unter dem Namen Iqos vertrieben. Doch der Erfolg der Iqos scheint nicht durchschlagend zu sein. Das Produkt gilt als zu teuer.

Der Konzern selbst beteuert, dass der Absatz zufriedenstellend sei. Auffällig ist jedoch, dass aus der Ankündigung des Konzerns, in Dresden eine Iqos-Fabrik zu bauen, bislang nichts geworden ist. Auch Dustin Dahlmann, E-Zigarettenhändler und Chef des Branchenverbandes Bündnis für tabakfreien Genuss, sieht die Iqos nicht als ernst zu nehmende Konkurrentin für die E-Zigarette: „Durch die Iqos gehen uns keine Dampfer verloren.“

Seit wenigen Wochen ist die Juul auch an deutschen Kiosken zu haben. Die Politik ist alarmiert. Hintergrund ist, dass die Juul in den USA einen Siegeszug unter Jugendlichen angetreten hat. In den USA gibt es gerade unter Jugendlichen einen regelrechten Hype. Das Gerät zum Verdampfen gilt in den USA als Statusobjekt. Die Sorge ist, dass die Welle auch nach Europa schwappt und die Erfolge der letzten Jahre bei der Tabakprävention unter jungen Leuten wieder zunichte macht.

Experten sind sich einig: Der Erfolg der Juul in den USA ist vor allem darauf zurück zu führen, dass das Produkt dort sehr hohe Nikotinkonzentrationen enthält. In den USA sind 50 Milligramm Nikotin pro Milliliter erlaubt, in Europa nur 20 Milligramm. Klar ist, dass die Juul sich an die EU-Grenzen halten muss.

Behörde sieht Risiken

Dennoch sieht Frank Henkler-Stephani vom Bundesinstitut für Risikobewertung bei dem sich in Europa auf dem Markt befindlichen Produkt Gefahren. „Es gibt drei Produktmerkmale, die uns Sorgen machen“, sagt der Experte gegenüber unserer Zeitung. Zum einen schöpfe Juul den zulässigen EU-Wert von 20 Milligramm pro Milliliter annähernd aus. „Zum zweiten werden Aromen eingesetzt, wie Mango, die für Jugendliche besonders interessant sind, fruchtig und süßlich.“ Die Verwendung fruchtiger Aromen in Kombination mit hohem Nikotingehalt sei auch in den USA für die Aufsichtsbehörden ein Thema. „Zum dritten werden in Juul Nikotinsalze verwendet, die selbst unerfahrenen Dampfern die Inhalation von hohen Nikotin-Dosen erleichtern können.“

Tobias Gerlach von Juul in Deutschland, beteuert, dass das Produkt in Europa nicht auf die Zielgruppe der Jugendlichen ausgerichtet ist: „Juul bietet in Deutschland eine kleine Auswahl von fünf Geschmacksrichtungen an, die spezifisch für den Geschmack von Erwachsenen entwickelt wurde, um ihnen den Umstieg weg von der Tabakzigarette zu erleichtern.“ Dabei sei Mango eher unter erwachsenen Rauchern beliebt.

Gerlach betont zudem, dass sich Juul an den von der EU vorgegebenen Nikotin-Grenzwert hält. Wie viel Juul in Deutschland verkauft, will er nicht sagen. Die erste Resonanz sei aber „sehr positiv“. Gerlach kündigt eine Verkaufsoffensive an: „Wir sind derzeit in rund 1000 Tabakfachgeschäften vertreten und werden in Kürze in mehr als 30 000 Fachgeschäften, Lebensmittelläden, Tankstellen und Kiosken erhältlich sein.“