In den vier Wochen Stuttgarter Weihnachtsmarkt werden Zehntausende von Brötchen und Broten, Reibe- und Flammkuchen verspeist. Damit es an den Ständen immer genug zu essen gibt, wird jeden Tag neu bestellt und neu geliefert. Die Mega mit Sitz in Stuttgart-Ost beliefert etliche der Stände – und die Außendienstler sind fast jeden Tag vor Ort.

S-Ost - Eine vierstellige Zahl Brötchen und Baguettes, etliche Flaschen Eierlikör, Nutella dutzendweise ... Und damit ist Giovanni Giampa noch lange nicht fertig mit seiner Einkaufsliste. Die genauen Zahlen will er nicht verraten, schließlich liest die Konkurrenz mit. Trotzdem klingt es wie die Vorratshaltung für das nächste halbe Jahr, der Eierlikör würde den meisten auch deutlich länger reichen. Tatsächlich ist es nur die Bestellung für den nächsten Tag, für den nächsten Weihnachtsmarkt-Tag. Giampa ist Küchenchef im Ratskeller und kümmert sich in der Zeit des Weihnachtsmarkts auch um den Ratskeller-Stand am Rathaus. Drei- bis viermal pro Woche bekommt er am Stand Besuch von Sven Fischer, der mit seinen Kollegen dafür sorgt, dass es auf dem Weihnachtsmarkt immer genug zu essen gibt.

 

Mehr Stress in der Vorweihnachtszeit

Sven Fischer nimmt die Bestellung von Giovanni Giampa entgegen. Foto: Jürgen Brand
Sven Fischer ist Fachberater der Mega, die ihren Sitz in der Schlachthofstraße im Stuttgarter Osten hat. Das Unternehmen ist nach eigenen Angaben die größte deutsche Fleischergenossenschaft. Sie beliefert von der Zentrale im Gewerbegebiet Gaisburg aus vor allem Metzgerei- und Gastronomiebetriebe und auch deren Stände bei den großen Stuttgarter Festen und beim Weihnachtsmarkt.

Fischer ist 32 Jahre alt, gebürtig aus Waiblingen, gelernter Hotelfachmann und arbeitet schon seit neun Jahren für die Mega. Er betreut in der Region rund 70 Gastronomiekunden und ist damit eigentlich gut ausgelastet. Jetzt in der Vorweihnachtszeit weiß er aber manchmal gar nicht mehr, worum er sich zuerst kümmern soll. „Es ist alles viel stressiger“, sagt er während der Autofahrt vom Stuttgarter Osten zum Weihnachtsmarkt. Für die vielen Weihnachtsfeiern brauchen seine Kunden ihn als Ansprechpartner viel öfter, schließlich wird viel mehr Ware benötigt und muss auch noch zuverlässig pünktlich in ausreichender Menge geliefert werden. Und auf dem Weihnachtsmarkt haben drei seiner wichtigen Kunden Stände, um die er sich persönlich kümmert.

Zwischen 9.10 und 9.50 Uhr wird geliefert

Die Bestell- und Lieferabläufe hat Fischer im Vorfeld mit den Gastronomen im Detail besprochen. Frank Schäfer, der Chef der Tauberquelle mit einem Stand auf dem Schillerplatz, gibt seine Bestellungen jeden Abend in der Zeit zwischen 21 und 22.30 Uhr auf. Um 21 Uhr schließt der Stand, dann wird sauber gemacht, werden die Bestände überprüft – und dann ruft er Sven Fischer an oder schickt ihm ein Fax. Schäfer bezieht vor allem seine beliebten Flammkuchen von der Mega, deutlich mehr als 1000 sind es in den vier Wochen Weihnachtsmarkt. Fischer gibt die Bestellungen abends und nachts in das Computersystem der Mega ein. Ab etwa vier Uhr am nächsten Morgen werden in der Zentrale in Gaisburg die Lastwagen entsprechend beladen.

Die Lieferzeit auf dem Weihnachtsmarkt ist genau eingegrenzt, wenn der Markt um 10 Uhr öffnet, darf kein Lieferwagen mehr auf den Platz. Zwischen 9.10 und 9.50 Uhr werden die Stände der Tauberquelle, des Ratskellers und auch der Wilhelmer-Gastronomie beliefert. Und wenn zwischendurch am Tag oder an einem Wochenende doch einmal etwas fehlt, muss Sven Fischer persönlich ran. Alexander Vidanovic leitet den Stäffele-Stand der Wilhelmer-Gastronomie, die im Gaisburger Gewerbegebiet direkter Nachbar der Mega ist. „Das Problem am Weihnachtsmarkt ist die Lagerfläche“, sagt Vidanovic. „Es ist einfach kein Platz dafür da.“ Und wenn man wie am Stäffele-Stand beim Weihnachtsmarkt mehr als 10 000 Reibekuchen verkauft, will das logistisch bewältigt sein. Giovanni Giampa hat den Vorteil, dass er seinen Stand direkt vom Ratskeller aus versorgen kann. „Wir können lagern“, sagt er erfreut. Deswegen kann er beispielsweise im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen Brot und Brötchen auf Abruf per Funk von oben unten in der Ratskeller-Küche frisch backen. „Manchmal kommen dann auch Kollegen und fragen, ob wir ihnen 100 Brötchen nachbacken können.“

Trotzdem ist das Weihnachtsmarkt-Geschäft nicht zu 100 Prozent vorkalkulierbar. „Es gibt so Tage“, sagt Giampa, „da fehlt dann trotz aller Vorausplanung doch etwas.“ Und dann ist Sven Fischer regelmäßig der Retter in der Not – auch wenn es Samstag ist und er die Ware selbst aus der Mega abholt und vom kaum findbaren Parkplatz rund um den Weihnachtsmarkt direkt zum Stand schleppt.