Zum Tag der Pflegenden plant die Gewerkschaft Verdi etliche Aktionen im Südwesten. Im Visier hat sie die neue Landesregierung sowie Bundesgesundheitsminister Jens Spahn – die jeweils nicht genug für die Personalausstattung täten.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Vielerorts im Südwesten will die Gewerkschaft Verdi an diesem Mittwoch auf den internationalen Tag der Pflegenden aufmerksam machen. Am Stuttgarter Landtag soll den Politikern die Rote Karte gezeigt werden – parallel zur Vereidigung der neuen Landesregierung. Hauptforderung ist es, aus der Pandemie die richtigen Schlussfolgerungen für das Gesundheitswesen zu ziehen. Die bisherigen Beschlüsse seien völlig unzureichend – von Entlastung sei in den Betrieben nichts zu spüren, rügt Verdi.

 

„Weitgehend Kosmetik im Koalitionsvertrag“

Mit Blick auf den grün-schwarzen Koalitionsvertrag beklagt die Fachbereichsleiterin Irene Gölz gegenüber unserer Zeitung, „dass Gesundheit und Soziales darin keine Rolle spielt“, obwohl in keinem anderem Bereich des Landes mehr Menschen arbeiten würden. Auf „sieben dürren Seiten“ beschränke sich die Regierung meist auf „Kosmetik“.

Dass die Beschäftigten in dem Kapitel kaum vorkämen, sorge bei ihnen für „echte Empörung“. Gölz fordert einen Strategiedialog für das Gesundheitswesen, den es in etlichen anderen Bereichen auch gibt. Auch dass Grün-Schwarz sich laut dem Koalitionsvertrag „mit Nachdruck dafür einsetzen will, mit der Einführung der Pflegekammer die Selbstverwaltung der Pflegekräfte und das Berufsbild insgesamt zu stärken“, stößt der Gewerkschaft bitter auf. Gemeinsam mit der Linkspartei plant Verdi am Mittwoch einen Protest gegen den Konzern Sana Kliniken, der trotz Millionengewinnen bis Jahresende etwa 1000 Stellen im Service-Bereich abbauen will – das sind gut 130 Entlassungen in Baden-Württemberg. Allein im Stuttgarter Karl-Olga-Krankenhaus geht es um 40 Stellen weniger.

Instrument zur Personalbemessung fehlt

Die Beschäftigten in den Krankenhäusern seien erschöpft, so die Gewerkschaft. Sie arbeiteten seit Monaten am Anschlag, um die Menschen in der Pandemie bestmöglich zu versorgen. Der Stuttgarter Krankenpfleger Volker Mörbe verweist auf eine aktuelle Befragung, wonach fast jede dritte Pflegekraft in Intensivstationen, Notaufnahmen und Rettungsdiensten ihre Stelle in den kommenden zwölf Monaten aufgeben will.

Besonders im Fokus ist auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Der will für die Krankenhauspflege von den Kassen und Kliniken ein Instrument zur Personalbemessung entwickeln lassen. Dieses würde 2025 vorliegen. Verdi mahnt ihn, dies schon vorher auf den Weg zu bringen. Ein Konzept hatten die Krankenhausgesellschaft, der Deutsche Pflegerat und Verdi im Januar 2020 präsentiert. In der Altenpflege wiederum will Spahn nur noch Kernelemente seiner Reform in dieser Legislaturperiode umsetzen – auch damit löst er viel Kritik aus.

Allerdings gibt es auch Lichtblicke: Nach neuen Zahlen des Statistischen Bundesamtes sind die Verdienste für Fachkräfte in Krankenhäusern und Heimen binnen zehn Jahren um rund ein Drittel gestiegen. Konkret verdienen Gesundheits- und Krankenpflegerinnen 3578 Euro brutto im Monat, Fachkräfte in Pflegeheimen kamen auf 3363 Euro und solche in Altenheimen auf 3291 Euro.

Zahl der Beschäftigten und die Verdienste steigen

Laut der Bundesagentur für Arbeit gibt es bundesweit 1,77 Millionen Beschäftigte. Und der Bedarf ist in der Pflege weiter hoch: In Baden-Württemberg wurden im Vorjahr 3759 Stellen gemeldet – 2815 auf dem Niveau einer Fachkraft.