Am Samstag steigt der dritte Bohnenviertel-Tag mit Künstlern, Galerien und Handwerksbetrieben. Die Bühne gehört an diesem Tag der bunten Vielfalt im Viertel, die Gastronomen halten sich zurück.

S-Mitte - Es gibt sie tatsächlich, diese Hinterhöfe im Herzen der Stadt, diese Oasen der Ruhe, in die kaum Verkehrslärm dringt, und in denen man fast vergessen mag, dass nur wenige Meter entfernt tagtäglich Blechlawinen über eine Bundesstraße rollen. „Hören Sie das? Sie hören nichts“, sagt Robert Tetzlaff und kann nicht anders: Er muss lächeln.

 

„Nah an der Stadtmitte dran und doch abgeschnitten“

Die Hauptstätter Straße, oder wie Tetzlaff sie nennt: „diese schreckliche Rennbahn“, ist für ihn und viele andere Handels- und Gewerbetreibende im Bohnenviertel so etwas wie eine unnatürliche Grenze, ein Trennstreifen zwischen ihnen und der belebten Innenstadt. Das hat seine guten und seine schlechten Seiten. Es ermöglicht den Betrieben, ihre Individualität in einem einzigartigen Quartier zu leben und aufrechtzuerhalten. Doch es behindert auch Kundenströme. „Wir sind so nah an der Stadtmitte dran und doch abgeschnitten“, sagt Monika Kurfeß aus dem Vorstand des Handels- und Gewerbevereins (HGV) Bohnenviertel. Wen es in die Gässchen des Viertels zieht, der kommt schon gezielt hier her, der weiß, was er sucht und findet.

Viele andere wissen nicht, was es alles zu entdecken gäbe. Diese Erfahrung haben zumindest die HGV-Verantwortlichen gemacht, auch beim Bohnenviertelfest, das seit mehr als zwei Jahrzehnten die Massen in die Altstadt lockt. Deren Augen richten sich dann aber hauptsächlich auf das Gastronomische. Das Fest ist eine Hocketse, bei der ab einer gar nicht mal so vorgerückten Stunde kaum noch ein Durchkommen in den Straßen möglich ist.

Vor lauter Geselligkeit würden viele Besucher die Schätze das Viertels übersehen: kleine, traditionsreiche Betriebe, von denen Tetzlaff und Kurfeß schwärmen, wie die Friedrich Binder GmbH, einer der ältesten Werkzeugläden der Stadt, den jeder Bodenleger und Sattler kenne, der Normalbürger aber selten. „Darin sieht es teilweise aus wie im Museum“, sagt Robert Tetzlaff. Ein weiteres Beispiel: die Schlosserei Schickler, einst als königlich-württembergische Hofschlosserei an den Gewächshäuschen der Wilhelma aktiv.

Die Gastronomen halten sich zurück

Um diesen Betrieben die Chance zu bieten, sich zu präsentieren, schuf der HGV ergänzend zum Bohnenviertelfest einen Tag des Handwerks, der Kunst und des Handels. Im September 2013 stieg die erste Auflage, im vergangenen Mai die zweite und an diesem Samstag, 20. September, von 11 bis 20 Uhr die dritte. Die Gastronomen halten sich an diesem Tag zurück. „Die Bühne gehört der schönen, bunten Vielfalt im Viertel“, sagt Rudolf Reutter von der Weinstube Schellenturm, der zweite Vorsitzende des HGV. Stattdessen kann man zwischen Esslinger und Olgastraße sowie zwischen Charlotten- und Pfarrstraße unter anderem Hundeleckerli selbst backen, Hirsche mit der Armbrust schießen und Gold schmieden oder legieren. Galerien laden zu Ausstellungen ein, an mehreren Orten gibt es kostenlose Beratungen. Eine Live-Band wandert von 13 bis 17 Uhr durchs Viertel und spielt mal hier, mal da.

Viermal starten zudem am Schellenturm Spaziergänge durchs Bohnenviertel, der erste um 12 Uhr, die nächsten jeweils eineinhalb Stunden später. Robert Tetzlaff und Heinz Rittberger führen dann an Orte, die man inmitten der Stadt nicht zu finden glauben würde. Und an manchen regiert sie tatsächlich: die absolute Ruhe.