In Esslingen gibt es mehr als 800 Denkmale. Doch nicht alle davon stammen aus dem Mittelalter, wie mancher Stadtbesucher vermuten könnte. Es gibt auch Kulturdenkmale der jüngeren Vergangenheit.

Esslingen - Dass sich Esslingen regelmäßig am bundesweiten Tag des offenen Denkmals beteiligt, liegt auf der Hand. Immerhin gibt es mehr als 800 Denkmale in der Stadt. Doch nicht alle davon stammen aus dem Mittelalter, wie mancher Stadtbesucher vermuten könnte. „Wir werden über die Stadtgrenzen hinaus als Fachwerkstadt missverstanden“, erklärte der Baubürgermeister Wilfried Wallbrecht am Sonntagvormittag während der Eröffnung des Tags des offenen Denkmals auf dem Marktplatz. Wer sich allein darauf beschränke, verpasse einiges. Als Beispiele für architektonische Kulturdenkmale der jüngeren Vergangenheit nannte Wallbrecht die Schelztorsporthalle, St. Augustinus sowie die Christuskirche und das Theodor-Heuss-Gymnasium. „Esslingen hat weit mehr zu bieten als Mittelalter“, meinte Wallbrecht. Und vieles, was für den Laien vielleicht nach Mittelalter aussieht, ist es in Wirklichkeit überhaupt nicht.

 

Die Spuren vom Hochmittelalter reichen bis in die moderne Zeit

Auf die jahrhundertealte Geschichte der Gebäude in der Innenstadt und das daraus erwachsene Gesamtbild ging die Architektin und Stadtplanerin Christine Keinath während ihrer Führung mit dem Titel „Ein Denkmal steht selten allein: Die Stadt als Denkmal“ ein. Seit dem Jahr 2001 sei die Esslinger Innenstadt mit dem historischen Teil der Pliensauvorstadt ein Gesamtdenkmal. Während der Führung wurde hervorgehoben, dass die Spuren vom Hochmittelalter bis in die moderne Zeit reichen. „Wie langweilig wäre es, wenn alles in einer Epoche geprägt worden wäre?“, fragte Keinath rhetorisch.

Die einzelnen Denkmale seien nur die Rosinen im Kuchen, sagte die Stadtführerin. Einer der historischen Kerne der Stadt ist das Gebäudeensemble aus der Kirche St. Dionys, der ehemaligen Allerheiligenkapelle, wo heute ein Teil des Stadtarchivs untergebracht ist, und des einstigen Speyrer Pfleghofs, der heutigen Sektkellerei Kessler. „Hier war der Friedhof“, erinnerte Keinath. „Die Geschichte reicht ganz weit zurück. Die Gebäude haben schon immer zusammengehört.“

Vieles sieht nur nach Mittelalter aus

Wenige Meter weiter an einem Kanal des Neckars war die einstige Grenze der Stadt bereits überschritten. Zwischen dem Rossmarkt und der Stadtmauer habe es sechs bis sieben Mühlen gegeben. Die Gebäude am Rossmarkt seien einerseits sehr alt, so Keinath. Gleichzeitig hätten sich die Gebäude über die Jahrhunderte immer wieder verändert und dem Zeitgeist angepasst. „Die Fassade ist so etwas wie das Kleid des Hauses. Und die Häuser haben über die Jahrhunderte immer wieder andere Kleider angelegt“, sagte Keinath. Ähnlich sei es bei den Häusern am Athleteneck oder in der Küferstraße. Vieles, was heute vielleicht nach Mittelalter aussehe, sei in Wirklichkeit erst in moderner Zeit entstanden.

Keinen Hehl aus seiner Entstehungszeit macht dagegen das Theater. Der Bau aus den 1980er Jahren füge sich gut in seine Umgebung ein, meinte die Stadtführerin. „Es stört überhaupt nicht“, meinte sie. Dabei habe das große Haus mühevoll in den knapp bemessenen Raum eingepasst werden müssen. „Dafür ist es elegant gelöst“, lobte die Architektin.