Der Stau in der Ditzinger Siemensstraße nervt – viele Pendler zu Thales und Trumpf müssen durch die Stadt. Ein zweiter Autobahnanschluss ist jedoch umstritten – die Redaktion diskutiert darüber am 2. Mai.

Ditzingen/Gerlingen - Wer zu Stoßzeiten durch Ditzingen fährt, braucht gute Nerven. Tagtäglich quält sich eine Blechlawine durch die Siemensstraße. Der Rückstau reicht oft bis zur Westumfahrung, viele wollen aus Richtung Hirschlanden zur Autobahn. Klar ist: Die Straße ist völlig überlastet, 30 000 Fahrzeuge drängen sich täglich Stoßstange an Stoßstange. „Der Sinn der Westumfahrung geht verloren, gut 50 Prozent des Verkehrs, der durch Ditzingen rollt, hat als Ziel die Autobahn“, sagt der Oberbürgermeister Michael Makurath,

 

Das Problem ist zwar seit langem bekannt, eine Lösung aber nicht in Sicht. Deswegen wird die Redaktion von „Strohgäu Extra“ am Mittwoch, 2. Mai, von 19 Uhr an im Bürgersaal Ditzingen mit verschiedenen Akteuren darüber diskutieren, wie man die angespannte Situation in Ditzingen entzerren könnte.

Pendler zu Trumpf und Thales stehen im Stau

Denn alle Varianten, die diskutiert werden, stoßen auf Unwägbarkeiten und Widerstand. Vor allem, weil sich die politischen Akteure im Strohgäu alles andere als einig sind. Aus Ditzinger Sicht liegt die bestehende Autobahnauffahrt auf der falschen Seite der Stadt – weil etwa die Firmen Thales und Trumpf nicht erreicht werden. „Die Ausfahrt wurde vor allem geschaffen, um die B 295 von Stuttgart aus anzubinden“, sagt Makurath. Daher hat die Stadt an der Glems seit einigen Jahren Pläne für einen zweiten Anschluss an die Autobahn. Idealerweise läge dieser Anschluss hinter der Firma Trumpf – doch je weiter entfernt die Ausfahrt von Ditzingen selbst rückt, desto eher wären Nachbarkommunen betroffen.

Und genau da liegt das Problem: So hat man im Leonberger Rathaus Sorgen, dass die ohnehin schon überlastete Grabenstraße in der Altstadt weiteren Verkehr aufnehmen muss, zumal Leonberg ein Feinstaubproblem hat. Möglicherwiese bringt die Diskussion um einen Altstadttunnel neue Bewegung ins Spiel.

Besonders entschieden ist der Widerstand jedoch in Gerlingen. Die Nachbarstadt, auf deren Markung eine der beiden Schleifen der Autobahnausfahrt zum Teil liegen würde, befürchtet zusätzlichen Verkehr. Wenn die Abfahrt an das örtliche Verkehrsnetz angebunden wird, könnten mehr Autofahrer geneigt sein, durch Gerlingen zu fahren.

Klare Ablehnung aus Gerlingen

Daher will man im dortigen Rathaus von einer Autobahnausfahrt nichts hören. „Ein Anschluss im Bereich Gerlinger Höhe ist nicht aktuell“, sagt der Bürgermeister Georg Brenner. Die „Richtlinie zum Ausbau von Autobahnen“ sei eindeutig: die Stelle sei ungeeignet. „Das Land unterstützt unsere ablehnende Haltung, beim Bund laufen keine Aktivitäten“, berichtet Brenner. Daher will er sich nicht an einer öffentlichen Diskussion beteiligen.

Das Verkehrsministerium hat zwar anfangs Sympathien für einen weiteren Autobahnanschluss erkennen lassen – favorisiert jetzt allerdings einen Ausbau der Siemensstraße, um die Verkehrsströme zu kanalisieren. Die Stadt hat damit schon begonnen: Mit der Ansiedlung des Hagebau-Marktes ist eine weitere Fahrspur dazu gekommen, die jedoch noch zu kurz ist.

Zudem stößt der Ausbau auf Probleme: Einige der Flächen sind in Privatbesitz, links und rechts der Straße stehen viele Gebäude. Eines davon gehört sogar dem Land, das ehemalige Autobahn-Polizeirevier, in dem jetzt das Logistikzentrum der Ordnungshüter untergebracht ist. „Es gibt dazu Gespräche mit dem Land, aber noch keine konkreten Aussagen“, sagt OB Makurath. Das Gebäude müsse abgerissen werden. Und wie stellt sich die Bundesregierung dazu? Der neue Staatssekretär Steffen Bilger (CDU) hat mehrfach betont: „Die beiden Kommunen sollten sich auf eine Lösung verständigen.“ Erfahrungsgemäß unterstützt Berlin nur Projekte, in denen sich vor Ort alle Beteiligen einig sind.

Ausbau der Siemensstraße ist schwierig

Und auch in Ditzingen gibt es Kritik an einem weiteren Autobahnanschluss, etwa von den Grünen oder auch aus der Landwirtschaft. Für die Bauern wäre ein großes Straßenbauwerk auf den Feldern eine dramatische Einschränkung ihres Platzes. „Das wäre eine Katastrophe“, heißt es in Kreisen der Landwirte. Es wäre also mit erheblichem Widerstand zu rechnen.

Wie ist nun die aktuelle Lage? Einerseits treibt Ditzingen die Gespräche mit der Landesregierung voran, um den Ausbau der Siemensstraße zu forcieren. Gleichzeitig hat man aber die Idee der Autobahnausfahrt noch nicht aufgegeben. „Die Siemensstraße ist keine durchgreifende Lösung, weil dann immer noch Fahrzeuge durch den Ort rollen“, sagt Michael Makurath. Sein Ziel sei es, die Pendler zu den großen Firmen Trumpf und Thales gar nicht erst durch die Stadt fahren zu lassen.

Egal welche Lösung am Ende eine politische Mehrheit findet – schnell wird es nicht gehen. Die Grünen und Umweltverbände empfehlen daher, verstärkt auf öffentlichen Nahverkehr und Radwege zu setzen.

Redaktions-Talkshow am 2. Mai in Ditzingen

Die Redaktion von „Strohgäu Extra“ von Stuttgarter Zeitung und Stuttgarter Nachrichten organisiert am Mittwoch, 2. Mai, eine Podiumsdiskussion zur Frage: Löst ein zweiter Autobahnanschluss den Ditzinger Dauerstau? Beginn ist um 19 Uhr im Bürgersaal Ditzingen. Der Eintritt ist frei, eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Diskutiert wird bis etwa 21 Uhr.

Eingeladen sind der Ditzinger Oberbürgermeister Michael Makurath, der neue Staatssekretär im Verkehrsministerium, Steffen Bilger, der auch Ludwigsburger Wahlkreisabgeordneter ist. Auch der technische Regionaldirektor Thomas Kiwitt hat zugesagt. Als kritische Stimmen werden der BUND-Kreisvorsitzende Steffen Flaig und Andreas Stier auftreten, der Kreisvorsitzende des Verkehrsklubs Deutschland (VCD). Moderieren wird der Vize-Redaktionsleiter Rafael Binkowski die Veranstaltung. Dabei sollen auch die Zuschauer zu Wort kommen.