Sie sind dem Tango mit Leib und Seele verfallen: An diesen Sonntag, 18. Juli, tritt die Stuttgarter Formation Tango Sí! beim „Kastellsommer“ auf.

Lokales: Tom Hörner (hör)

Stuttgart - Es muss so etwas wie Liebe auf den ersten Takt geben. Fragt man Christiane Holzenbecher nach ihrer Beziehung zum Tango, erfährt man von einem Wochenend-Workshop, den die studierte Musikerin vor vielen Jahren absolvierte. „Ich kam nachts um eins nach Hause, musste mich erst mal hinsetzen und dachte: Was ist da eigentlich mit dir passiert? Die Musik hatte mich mit all ihrer Kraft gepackt.“ Das sollte nicht ohne Folgen bleiben.

 

Ein klares Bekenntnis zum Tango

2006 hat die Stuttgarterin mit der Pianistin Sarah Umiger und anderen Gleichgesinnten die Formation Tango Sí! gegründet. Die aktuelle Besetzung mit Israel Vázquez (Gitarre), Karin Eckstein (Bandoneon), Sarah Umiger (Klavier), Florian Bony (Kontrabass), Christiane Holzenbecher (Geige) besteht seit acht Jahren. Wörtlich übersetzt bedeutet Tango Sí! so viel wie: Tango ja! Ein klareres Bekenntnis zum Tango kann es kaum geben.

Vom Virus aus dem Takt gebracht

Wir treffen uns im Flora & Fauna bei den Berger Sprudlern. Der Himmel macht einen launenhaften Eindruck, Tango-Klänge im Hintergrund würden gut zur Stimmung passen. Christiane Holzenbecher, die am Zeppelin-Gymnasium Musik unterrichtet, ist gerade auf dem Heimweg. Wie passt das zusammen, die Arbeit an der Schule und das Engagement bei einer Tango-Formation? „Eigentlich ganz gut“, sagt sie. „Das eine ergänzt das andere. Ich will weder die Schule noch die Arbeit mit Tango Sí! missen.“ Vor allem die Auftritte, sagt sie, haben der Gruppe gefehlt in der Zeit, da das Virus das Leben aus dem Takt gebracht hat.

Jetzt geht es wieder los. An diesem Sonntag, 18. Juli, 17.30 Uhr, treten Tango Sí! mit ihrem Programm „100 Jahre Piazzolla“ in der Veranstaltungsreihe „Kastellsommer“ in Bad Cannstatt am Hallschlag auf. Begleitet werden die Musiker von dem Tanzpaar Milton & Romina. „Die beiden sind absolute Profis. Die muss man einfach gesehen haben. Wir freuen uns auf das Zusammenspiel“, sagt Holzenbecher. „Und wir werden nicht nur Piazzolla spielen. Sonst würden wir riskieren, dass das Publikum nachher heulend nach Hause geht. Es gibt durchaus auch eine heitere Seite des Tangos.“

„Am Ende haben selbst die Musiker geweint“

Wie sehr die Musik von Astor Piazzolla, dem Begründers des Tango Nuevo, die Menschen in ihren Bann ziehen kann, hat Christiane Holzenbecher während eines Sabbatjahrs in Argentinien erlebt. „Am Ende des Konzerts haben alle geweint, selbst die Musiker.“ Holzenbecher wollte 2014 nicht nur südamerikanischen Tangomusikern über die Schulter schauen, Tango Sí! traten auch selbst auf. Wie ist das, wenn Exoten aus Deutschland Südamerikanern die Tango-Töne beibringen wollen? „Anfangs war das Publikum etwas zurückhaltend. Aber das hatte wohl eher damit zu tun, dass Deutschland zuvor Argentinien im Endspiel der Fußball-WM besiegt hatte.“ Außerdem werde Tango auf der ganzen Welt gespielt.

Und schließlich sei das Bandoneon im Erzgebirge erfunden worden. Ein schwierig zu spielendes Instrument, über das die Besucher einiges erfahren werden . „Die eigenwillige Anordnung der Knöpfe hängt auch damit zusammen, dass das Bandoneon von Bergarbeitern mit ihren dicken Fingern gespielt werden konnte“, erklärt Christiane Holzenbecher die Besonderheit.

Das Bandoneon ist ein Auswanderer aus dem Erzgebirge

Der Auftritt von Tango Sí! verspricht nicht nur ein virtuoser, musikalisch mitreißender, sondern sicherlich auch ein lehrreicher Abend zu werden.