Der seit Juli 2013 währende Streit um die Redakteursgehälter bei den Tageszeitungen ist beigelegt. Arbeitgeber und Gewerkschaften einigten sich auf ein Gehaltsplus von 2,5 und 1,5 Prozent – doch die Printjournalisten müssen auch Einschnitte verkraften.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Hätte sich der Tarifkonflikt bei den Tageszeitungen um ein paar Lohnprozente mehr oder weniger gedreht, wäre er sicher zügiger beendet worden. Tatsächlich ging es lange Zeit um die Grundsatzfrage: Was ist die Arbeit der Redakteure in Zukunft wert – und was können sich die Verlage in einer vom Strukturwandel geschüttelten Branche noch leisten? Weil darüber große Uneinigkeit zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften herrschte, benötigten sie elf Verhandlungstermine seit Juli 2013, um sich zu verständigen. Zuvor war – auf beiden Seiten – die Geduld in den von Streiks betroffenen Zeitungshäusern im Südwesten so arg strapaziert worden, dass der Druck, den Streit beizulegen, immer stärker geworden war.

 

Das Ergebnis erscheint auf den ersten Blick wie ein bescheidener Erfolg der Deutschen Journalisten-Union (dju) in Verdi und des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV). Zum 1. Mai steigen die Gehälter der 14 000 Redakteure um 2,5 Prozent, am 1. April 2015 gibt es noch einmal 1,5 Prozent mehr bei einer Gesamtlaufzeit von 29 Monaten bis Ende Dezember 2015.Die derzeit niedrige Preissteigerungsrate dürfte halbwegs ausgeglichen werden. Im Gegenzug mussten die Gewerkschaften aber Zugeständnisse machen: So soll das Jahreseinkommen nur noch 13,5 statt 13,75 Monatsgehälter umfassen. Die Absenkung bei Urlaubs- und Weihnachtsgeld wird schrittweise binnen fünf Jahren vollzogen. Für Neueinsteiger sowie Redakteure in vier norddeutschen Ländern wird der Einschnitt schon beim Weihnachtsgeld 2014 vorgenommen. Darauf hatte der Bundesverband der Zeitungsverleger (BDZV) strikt bestanden, um den wirtschaftlichen Nöten seiner Mitglieder im Norden gerecht zu werden. Die Urlaubstage werden für Neuzugänge auf 30 reduziert; die Honorare für arbeitnehmerähnliche Freie werden lediglich um zweimal 1,8 Prozent angehoben.

Massive Nachteile für den Nachwuchs

Auch die Gehaltsstruktur ändert sich: Künftig wird die Höhergruppierung nach Dienstalter durch den Wegfall von Berufsjahresstufen erschwert. Und es wurde eine Einstiegsstufe für Redakteure „ohne journalistische Regelausbildung“ geschaffen, deren Gehalt bei 2800 Euro liegen soll. Diese neue Stufe soll auf zwei Jahre beschränkt bleiben und keine dauerhafte Leichtlohngruppe werden, verspricht Verdi.

Der Flächentarifvertrag bleibt erhalten – noch

Auf der Habenseite der Gewerkschaften schlägt zu Buche, dass alle Online-Redakteure erstmals in den gängigen Tarif eingruppiert werden. Auch dies ist ein Element des vom BDZV so genannten Tarifwerks Zukunft, das von einem veränderten Berufsbild im digitalen Zeitalter ausgeht.In beiden Lagern löste das Resultat bei aller Erleichterung über den Friedensschluss keinen Jubel aus. Die Verleger planten, massive Kürzungen durchzusetzen – die Gewerkschaften wollten Einbußen partout verhindern, zudem ein spürbares Reallohnplus erreichen. Beide Parteien haben ihre Ziele verfehlt. Allerdings bleibt der Flächentarifvertrag erhalten, die Gefahr eines tariflosen Zustands wurde gebannt. In etlichen Bundesländern ist der Flächentarif schon ein dürres Gerüst – nur gut die Hälfte der Redakteure arbeitet in tarifgebundenen Häusern. Weil sie ihre Verlage in einer wirtschaftlich günstigeren Lage sehen, hatten Redakteure besonders im Südwesten auf einen regionalen Pilotabschluss gedrungen. Dies verschärfte auch die Spannungen im Arbeitnehmerlager.

Schon vor drei Jahren hatten beide Seiten einen erbitterten Streit ausgefochten. Diesmal sollte die Tarifrunde ruhiger verlaufen, was aber gründlich misslungen ist. Nun kündigt BDZV-Verhandlungsführer Georg Wallraf an: „Wir wollen mit den Gewerkschaften in einen regelmäßigen Qualitätsdialog treten.“ Ob dies für 2016 eine Besserung verspricht oder ob der Flächentarif vollends untergeht, bleibt offen.