Als wäre der Tarifkonflikt bei der Lufthansa nicht vertrackt genug, so wird er jetzt noch komplexer: Nun mischt sich die Industriegewerkschaft Luftverkehr als dritte Gewerkschaft ein. Mit der Ufo wiederum hat das Unternehmen ein Vermittlungsverfahren vereinbart.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Bei der Lufthansa sind neue Streiks des Kabinenpersonals vorerst abgebogen worden. Nach mehrtägigen Sondierungen wurde mit der Flugbegleitergewerkschaft Ufo die Aufnahme von Schlichtungsverhandlungen vereinbart. Details wollen beide Seiten am Donnerstag verkünden.

 

Derweil hat die Industriegewerkschaft Luftverkehr (IGL) offiziell ihren Kabinen-Fachbereich Cabin Union (CU) gegründet, um künftig auch Flugbegleiter zu vertreten. Damit will sich IGL neben der Ufo und Verdi als dritte Gewerkschaft offiziell in den Tarifkonflikt für die 21 000 Beschäftigten der Lufthansa-Kabine einmischen. Im Vorgriff hatte Vorstandschef Carsten Spohr vorige Woche mit allen drei Gewerkschaften Spitzengesprächen geführt. Dabei habe er der IGL zugesagt, dass sie an den Verhandlungstisch geholt werde, wie der stellvertretende IGL-Vorsitzende Daniel Wollenberg unserer Zeitung sagte. Nun sei die Lufthansa offenbar „eingeknickt“ und es sei unklar, ob mit der IGL noch verhandelt werde, rügte er. „Das ist ein ziemliches Durcheinander.“

IGL und Ufo stehen nun in Konkurrenz zueinander

Die Lufthansa hatte der Ufo zwischenzeitlich auch schon die rechtmäßige Vertretung der Flugbegleiter abgesprochen und war deshalb vor Gericht gezogen. Nun hat der Konzern den Arbeitsgerichtsprozess gestoppt, mit dem Ufo der Gewerkschaftsstatus aberkannt werden sollte. Auch wurden erste Verbesserungen für Berufseinsteiger vereinbart.

IGL hatte sich im vorigen Sommer endgültig von der Flugbegleiter-Organisation Ufo gelöst, die sich mit Führungsstreitigkeiten und Vorwürfen der Misswirtschaft in eine schwierige Lage manövriert hat. Neben den Flugbegleitern will IGL das Bodenpersonal, Logistiker und Techniker organisieren. „Das ist alles noch im Aufbau“, erläuterte Wollenberg mit Blick auf die Spartengründungen im vorigen und diesen Jahr. Zum Mitgliederstand würden daher noch keine Angaben gemacht.

Die Zersplitterung der Interessen im Luftverkehr hat eine bewegte Geschichte: Schon vor gut vier Jahren hatten mehrere Berufsgewerkschaften – unter anderem die Ufo, die Pilotenvereinigung Cockpit und die Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF) – den vergeblichen Versuch unternommen, die Industriegewerkschaft Luftverkehr zu gründen.

Verdi-Tarifergebnis für die Saisonalen Flugbegleiter

Derweil hat Verdi für die rund 3500 Saisonalen Flugbegleiter (SMK) bei der Lufthansa ein Verhandlungsergebnis erzielt. Demnach gibt es rückwirkend zum 1. November eine Winterzulage in Höhe von 400 Euro pro Monat bei einer vertraglich vereinbarten Winterarbeitszeit von November bis Februar. „Damit ist ein allererster Schritt gemacht, um existenzsichernde Arbeitsbedingungen zu bekommen“, sagte Verdi-Verhandlungsführerin Mira Neumaier und bekräftigte die Absicht, das zwischen Lufthansa und Ufo verhandelte Tarifwerk abzulösen.

Verdi zufolge wurden in der Vergangenheit Tarifstrukturen erschaffen, in denen SMK-Kräfte wesentlich weniger Geld verdienen als der Rest der Belegschaft. So berichtet die Gewerkschaft von Fällen, in denen Flugbegleiter speziell im Winterflugplan nicht über den Mindestsatz von 1500 Euro brutto hinaus kamen, was Nettovergütungen von unter 950 Euro entsprach.

Das Unternehmen werde den neuen Tarifvertrag nun der Ufo zur Nachzeichnung vorgelegen, hieß es. Zudem wollen sich Lufthansa und Verdi alsbald grundsätzlich den Arbeitszeitmodellen widmen, um Verbesserungen für alle Beschäftigten der Lufthansa Kabine zu erzielen, wie es hieß.