Die irische Airline will ihre hiesigen Flugbegleiter künftig nach den Regeln des deutschen Arbeitsrechts beschäftigen. Betriebsräte lehnt sie aber weiter ab. Verdi will seine Mitglieder über die vorläufige Einigung entscheiden lassen.

Korrespondenten: Barbara Schäder (bsa)

Frankfurt - Im Streit über die Arbeitsbedingungen der Ryanair-Flugbegleiter zeichnet sich eine Einigung ab: Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi hat mit der irischen Billig-Airline eine Vorvereinbarung für einen Tarifvertrag erzielt. Über einen Abschluss werde erst nach Befragung der bei Verdi organisierten Flugbegleiter am 13. November entschieden, teilte Verdi am Donnerstag mit. Ryanair-Personalchef Eddie Wilson begrüßte die Vereinbarung. Ihre Annahme würde dem deutschen Kabinenpersonal „Lohnerhöhungen und weitere Vorteile“ bringen.

 

Der zentrale Fortschritt bestehe darin, dass für die Stewardessen und Stewards künftig nicht mehr irisches, sondern deutsches Arbeitsrecht gelten werde, sagte Verdi-Tarifsekretärin Katharina Wesenick unserer Zeitung. Das bedeute Verbesserungen etwa bei den Kündigungsfristen, der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und den Arbeitszeiten. Darüber hinaus beinhalte die Vereinbarung einen Rahmensozialplantarifvertrag, der auch die ehemaligen Ryanair-Beschäftigten in Bremen einbeziehe. Die Fluggesellschaft hatte ihren dortigen Standort am Montag geschlossen, zudem wird die Basis im niederrheinischen Weeze deutlich verkleinert.

Verdi appelliert an die Politik

Betriebsräte will Ryanair laut Verdi auch in Zukunft nicht zulassen. Das bereitet der Gewerkschaft Sorgen: „Die Erfahrung zeigt, dass deutsches Arbeitsrecht nur dann wirklich eingehalten wird, wenn es Betriebsräte gibt, die darüber wachen“, sagte Wesenick.

Um die Blockadehaltung von Ryanair zu überwinden, müsse die Politik neue Regeln für die gesamte Luftfahrtbranche festlegen. Das Betriebsverfassungsgesetz sieht für Beschäftigte im Flugbetrieb eine Sonderregel vor: Sie können nur dann einen Betriebsrat gründen, wenn dies im Tarifvertrag vorgesehen ist. Gerade einen solchen Passus lehnte Ryanair in den seit fast einem Jahr laufenden Tarifverhandlungen aber beharrlich ab. Ryanair beschäftigt in Deutschland rund 1000 Flugbegleiter, zwei Drittel davon sind laut der Gewerkschaft Verdi Leiharbeiter. Von dem angestrebten Tarifvertrag würde auch diese Gruppe profitieren.

Die vorläufige Einigung wurde nach einer Serie von Streiks erzielt, die Zehntausende von Passagieren in ganz Europa trafen. In Deutschland legten im September erstmals neben den Ryanair-Piloten auch zahlreiche Stewardessen und Stewards der Billig-Airline ihre Arbeit nieder.

1000 Stewardessen und Stewards betroffen

Der Verdienst des Kabinenpersonals hängt stark von den abgeleisteten Flugstunden ab, auf deren Zahl die Beschäftigten nur begrenzten Einfluss haben. Die Leiharbeiter beziehen laut Verdi keinerlei Fixgehalt und kommen beim höchstmöglichen Pensum von 900 Flugstunden pro Monat auf 1500 Euro brutto. Die Festangestellten könnten dank einem Basisgehalt zwischen 800 und 1200 Euro bei entsprechend hoher Flugstundenzahl 1800 Euro brutto verdienen, Crew-Leiter bis zu 2700 Euro. Nicht eingerechnet in diese Beträge sind Provisionen, die beim Verkauf von Lebensmitteln und Waren an Bord anfallen. Ryanair hatte unserer Zeitung auf eine frühere Anfrage mitgeteilt, einschließlich dieser Provisionen könne ein Flugbegleiter bis zu 40 000 Euro im Jahr verdienen.

Allerdings kommt es immer wieder vor, dass Flugbegleiter in der Nebensaison ohne jede Bezahlung freigestellt werden. Ryanair spricht von freiwilligen Auszeiten. Laut Verdi-Tarifsekretärin Katharina Wesenick würde durch die Anwendung deutschen Arbeitsrechts künftig sichergestellt, dass niemand zum „Urlaub“ gezwungen werden könne – und dass Ryanair während der Auszeit die Sozialversicherungsbeiträge für die Beschäftigten weiterzahlen müsse. Ryanair erwartet im laufenden Geschäftsjahr einen Gewinn von gut einer Milliarde Euro, nach 1,3 Milliarden Euro im vergangenen Jahr.