Fünf Männer sind am Landgericht angeklagt, weil sie eine ertragreiche Marihuana-Ernte einfahren wollten. Sie müssen mit mehrjährigen Haftstrafen rechnen.

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)

Aidlingen - Die Nachbarn sind den Drogenproduzenten auf die Spur gekommen: Anwohner meldeten im vergangenen Herbst bei der Polizei, dass in einem leer stehenden Haus in Aidlingen Merkwürdiges geschehe. Die Fenster waren mit Rollläden verschlossen oder verklebt, davor parkten immer wieder diverse Limousinen, und verschiedene Männer gingen ein und aus. Die Polizei behielt das Gebäude im Blick. Am 7. März griff sie zu – wegen des Verdachts auf eine Cannabis-Plantage: Drei Tatverdächtige wurden an dem Abend vor und in dem Haus festgenommen. Sie sitzen nun vor der 8. Großen Strafkammer des Stuttgarter Landgerichts auf der Anklagebank. Außerdem sind zwei weitere Männer angeklagt, weil sie auch an dem Anbau beteiligt gewesen sein sollen.

 

Laut Polizei eine Riesenplantage

„Es war eine Riesenplantage, die wir so nie und nimmer vermutet hätten“, sagte ein Kriminalhauptkommissar als Zeuge zum Prozessauftakt am Donnerstag vor Gericht. Auf zwei Stockwerke verteilt befanden sich 811 Pflanzen. Wären sie reif geworden, hätte jede laut Staatsanwaltschaft rund 25 Gramm Stoff geliefert, insgesamt also 22 Kilogramm. Die Zuchtanlage beschrieb der Kriminalhauptkommissar als „sehr professionell aufgebaut“. Rund 45 000 Euro war die Ausstattung wert, allein für die Erntemaschine waren 7000 Euro ausgegeben worden. Die Geräte dafür lassen sich über das Internet in den Niederlanden und der Schweiz bestellen. Um aus dem Wohn- ein Gewächshaus zu machen, waren Wände durchbrochen worden. Die Böden waren mit schwarzer Folie ausgelegt, die Wände mit Alufolie verkleidet, um das Wachstumslicht zu reflektieren. In dem Haus habe eine sehr hohe Luftfeuchtigkeit geherrscht, berichtete der Polizist.

Zum Prozessauftakt machten die Angeklagten nur Angaben zu ihrer Person. Die Funktion als Gärtner soll ein 34 Jahre alter Mann aus Esslingen übernommen haben. Er ist auch in dem Haus im Aidlinger Ortsteil Dachtel verhaftet worden. Kleidungsstücke von ihm wurden in dem einzigen mit Möbeln ausgestatteten Raum gefunden. Er erzählte vor Gericht von seinem jahrelangen Cannabis-Missbrauch. Als Grund gab er seine Erkrankung an Diabetes im Alter von 15 Jahren an. „Deshalb habe ich auch nichts zu Ende geführt“, sagte er über seine abgebrochenen Berufsausbildungen. Fünf Jahre lang lebte er in den Vereinigten Staaten. Mangels Geld für eine neue Aufenthaltsgenehmigung kehrte er im Jahr 2010 nach Deutschland zurück und bezieht seither angeblich Sozialhilfe.

Kaum Einkommen, aber teure Autos

Mehrfach vor dem Haus gesehen wurde ein ebenfalls 34 Jahre alter Familienvater aus Fellbach (Rems-Murr-Kreis). Bei ihm fand die Polizei Rechnungen für die Plantagenausstattung. Und in einer von ihm gemieteten Garage befanden sich Gewächshausmaterial und Tüten, die üblicherweise als Verpackung von Marihuana dienen. An zwei Maleranzügen und in einem Auto konnte die Spurensicherung das Rauschmittel nachweisen. Der Mann stammt aus Frankreich, hat als Autohändler gearbeitet und in Deutschland gekaufte Kleinwagen in seiner Heimat verkauft. Einen Schulabschluss hat er nicht. Erfolglos hat er zwei Bekleidungsgeschäfte in Waiblingen eröffnet, auch der Plan für eine Pizzeria in Pforzheim ging nicht auf. Mit ihm wurde ein 37 Jahre alter Bekannter in Aidlingen festgenommen: Er betreibt in Frankreich eine arabische Pizzeria.

Erst seit Ende Juni sitzt ein 35-jähriger Angeklagter in Untersuchungshaft. Er war in teuren Geländewagen vor dem Haus in Aidlingen gesehen worden. Und in einer von ihm gemieteten Garage fand die Polizei Ventilatoren und Kanister mit Düngemitteln. Auch er hat keine Ausbildung und verdient angeblich als Testfahrer rund 1000 Euro im Monat.

Gar keine Angaben machte der Mann der Hausbesitzerin. Er saß nur drei Wochen in Untersuchungshaft und ist am Mittwoch entlassen worden. Bei der Durchsuchung seiner Wohnung fand die Polizei neben dem Mietvertrag mit dem als Gärtner verdächtigten 34-Jährigen ein Blackberry-Telefon, wie bei den in Aidlingen festgenommenen Männern. Dieses Mobilgerät lasse sich besonders gut verschlüsseln, erklärte der Kommissar. Der Prozess geht am 4. Oktober weiter, sieben Verhandlungstage sind angesetzt.