Auf dem Rückweg von einem Reitturnier wird ein Geländewagen mit Pferdeanhänger geschnitten und muss eine Vollbremsung einlegen – das Turnierpferd im Hänger kommt zu Schaden. Der 20-jährige Unfallverursacher stand jetzt vor Gericht.

Rems-Murr: Sascha Sauer (sas)

Waiblingen/Fellbach - Richterin und Staatsanwältin rätseln: Wie kann man mit dem Auto in Fellbach landen, wenn man doch eigentlich von Karlsruhe nach Stuttgart fahren will? Denn an der Ausfahrt Fellbach-Süd, direkt nach dem Kappelbergtunnel, hat sich die fahrlässige Gefährdung des Straßenverkehrs zugetragen, die vor dem Amtsgericht Waiblingen verhandelt wird.

 

Nur eine Vollbremsung verhindert den Zusammenstoß

Laut Anklage soll Marcus Binder (alle Namen geändert) am 17. Juli vergangenen Jahres an dieser Stelle von der linken auf die rechte Fahrspur gewechselt haben, um die Ausfahrt noch zu bekommen. Dabei soll er eine Geländewagen-Fahrerin derart geschnitten haben, dass die Frau nur mit einer Vollbremsung einen Zusammenstoß verhindern konnte. Während die Fahrerin mit dem Schrecken davon kam, wurde bei dem Bremsmanöver ihr Wallach verletzt. Dieser stand in einem Pferdeanhänger, der an dem Geländewagen befestigt war.

Marcus Binder spielte vor Gericht den Unschuldigen. Er sei an dem besagten Tag gemeinsam mit einem Freund von Karlsruhe nach Stuttgart gefahren, um sich dort einen Boxkampf anzusehen. „Es war eine ganz normale Fahrt“, sagte der 20-Jährige. Dies wollten aber weder die Richterin Bayer-Debak noch die Staatsanwältin glauben, da Fellbach nicht auf der Strecke liegt. „Sie haben sich verfahren“, sagte die Staatsanwältin. Der Angeklagte zuckte daraufhin nur die Schulter.

Die Geländewagen-Fahrerin berichtete im Zeugenstand, wie sie mit ihrer Tochter von einem Reitturnier kommend auf der Fahrt nach Hause von einem hellblauen Audi geschnitten worden sei. „Hätte ich nicht auf Schrittgeschwindigkeit runtergebremst, hätte es zu hundert Prozent einen Unfall gegeben“, sagte die 54-Jährige.

Der Wallach im Pferdeanhänger wird an der Brust verletzt

Weil sie derart in die Eisen steigen musste, sei ihr nichts anderes übrig geblieben, als ebenfalls die Ausfahrt an der Bundesstraße zu nehmen. Dies stellte sich im Nachhinein jedoch als glückliche Fügung heraus, denn ihre Tochter konnte sich das Nummernschild des Audis notieren, der an einem Stopp-Schild warten musste. Allerdings wurde durch das starke Abbremsen der Wallach im Pferdeanhänger an der Brust verletzt. „Das Reitturnierpferd hat einen Wert von mindestens 100 000 Euro“, sagte die Geschädigte.

Letztlich ging der Vorfall auf der B 14 glimpflich aus. Die Hämatome, die der Wallach erlitten hatte, seien nach einer Salbenbehandlung nach einigen Tagen verschwunden, berichtete die Zeugin. Allerdings könne sie bis heute nicht verstehen, warum Marcus Binder und sein Beifahrer nicht auf ihr Hupen reagiert hätten, nachdem sie die Ausfahrt verlassen hatten.

Auch der Beifahrer von Marcus Binder will nichts bemerkt haben. „Es war eine Fahrt nach Stuttgart ohne besondere Vorkommnisse“, wiederholte der 19-Jährige mehrfach. Die Staatsanwältin hielt diese Aussage jedoch für unglaubwürdig. Sie war überzeugt, dass sich die beiden jungen Männer auf ihrem Weg zur Kampfsportveranstaltung nach Stuttgart verfahren hatten und die Ausfahrt in Fellbach zum Wenden nutzen wollten. „Ihr Verhalten war grob verkehrswidrig und rücksichtslos“, sagte die Vertreterin der Anklage.

Das Gericht folgte dem Plädoyer der Staatsanwältin und verhängte eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 15 Euro sowie einer Führerscheinsperre von zwölf Monaten. „Sie haben falsch und rücksichtslos überholt“, begründete die Richterin Bayer-Debak ihr Urteil.