Mit Benzin übergossen und verbrannt: Dieser grausame Mord an einer jungen Frau führt die Wiener Kommissare Bibi und Moritz Eisner in das Zuhältermilieu. Der Tatort „Angezählt“ ist dabei weniger der klassische Krimi als vielmehr ein gelungenes Sozialdrama.

Kultur: Adrienne Braun (adr)

Stuttgart - Diesen Kerlen will man nicht auf offener Straße begegnen. Muskelbepackte Schränke, die gern zuschlagen und Frauen auf den Strich schicken. Man traut es ihnen zu, dass sie auch den zwölfjährigen Ivo eingespannt haben, einen Mord zu begehen. Man sieht es gleich zu Beginn: Ivo taucht mit einer Pump-Gun-Wasserpistole vor einer jungen Frau auf, spritzt sie voll, aber nicht mit Wasser, sondern mit Benzin. Sie steht sofort in Flammen. Ein grausamer Mord.

 

In dem österreichischen Tatort „Angezählt“ (Sonntag, 15. September, 20.15 Uhr im Ersten oder in der ARD-Mediathek) geht es weniger darum, wer den Mord begangen hat, als darum, wie man den miesen Machenschaften im Milieu Einhalt gebieten kann. Die Kommissarin Bibi (Adele Neuhauser) kennt nicht nur die Akteure, sie weiß auch, dass sich Polizei und Justiz wenig scheren um die Gewalt und Straftaten. „6000 Frauen schaffen an, völlig rechtlos, fast immer unter Zwang“, sagt sie empört, „keiner tut was dagegen, weil’s eh jedem wurscht ist, san ja nur Ausländerinnen, die Damen.“

Keine Zeit für lästige Sticheleien

Bibi kennt den Strippenzieher, sie hat den Zuhälter hinter Gitter gebracht, nun ist er schon wieder frei und zieht mit seinen Schlägern herum, schikaniert, macht dreckige Geschäfte. Dieser „Tatort“ ist weniger Krimi als vielmehr ein gelungenes Sozialdrama. Bibi ist viel zu emotional engagiert und reibt sich auf im Kampf gegen diese Dreckskerle – und ist nicht immer professionell dabei. Spannend sind die verbalen Wortgefechte zwischen dem „g’schissenen Zuhälter“ und den Ermittlern – hier wird virtuos mit Worten und nicht mit Waffen gekämpft.

Da bleibt auch ausnahmsweise keine Zeit für die ewigen und lästigen Sticheleien zwischen den Kommissaren, sondern Eisner (Harald Krassnitzer) und Bibi sind ein richtig gutes Team, dem man gern zuschaut, auch wenn man von Anfang an ahnt: An menschenverachtenden Sklaverei und Prostitution werden auch so engagierte Kollegen wie sie nichts ändern können.

Schönste Krimifloskel: „Komm jetzt wieder auf eine professionelle Ebene“, sagt Kommissar Eisner (Harald Krassnitzer) zu Bibi (Adele Neuhauser), die nicht nur aus professionellen Gründen der Gewalt gegen Frauen den Kampf ansagt.

Heimliche Stilikone: Der Kumpel und Schläger des Zuhälters mit seiner fiesen Visage, dem blauen Auge und den diversen Wunden. Eine richtige miese Type, dumm und grobschlächtig.

Gefühlter Moment, in dem der Fall gelöst ist: Sehr schnell, aber darum geht es diesmal gar nicht, sondern um die Frage, ob Polizei und Justiz annähernd in der Lage sind, der rohen Gewalt im Milieu Einhalt zu bieten.