Um der Plage mit den gefiederten Stadtbewohnern Herr zu werden, sollen die Räte viel Geld ausgeben.

Ditzingen - Die Diskussion ist so ausführlich wie hitzig geführt worden. Wie viel Geld soll es den Ditzinger Stadträten wert sein, der Taubenplage in der Stadt Herr zu werden? Und ließe sich nicht aus der Not eine Tugend und der Fang der Tauben durch Raubvögel zu einer touristischen Attraktion machen? Falknereien, so die Überlegung, gälten schließlich allerorten als Besuchermagnet.

 

Die Zeit drängte damals schon, also vor mehr als einem Jahr. An diesem Dienstag werden sich die Mitglieder des Ausschusses für Technik und Umwelt nun voraussichtlich abschließend mit dem Thema befassen. Geht es nach der Verwaltung, sollen sie dem Gemeinderat den Bau eines Taubenturms in der Kernstadt empfehlen. Dafür muss er überplanmäßige Ausgaben in Höhe von rund 65 ooo Euro genehmigen.

In Ditzingen stellt sich die Situation nicht anders dar als in vielen anderen Stäten. Das Grundproblem auch hier: der Kot der Stadttauben ist aggressiv, zerstört Fassaden, am westlichen Ortsrand auch Photovoltaikanlagen und Zisternen.

Tauben haben bisher keinen Grund, sich eine neue Heimat zu suchen

Die Vögel haben bisher keinen Grund, sich eine andere Heimat zu suchen. In den Dachbegrünungen, so beobachtete der in dem Wohngebiet lebende Bürgermeister Ulrich Bahmer, fänden sie genügend Futter. Das wollte sein Parteikollege, der CDU-Stadtrat Fritz Hämmerle, der sich beruflich bedingt mit Dachbegrünungen auskennt, vergangenes Jahr zwar nicht unwidersprochen lassen – am Problem änderte dies aber nichts: Die Tauben sind für die Bewohner zur lästigen Plage geworden.

Die Basis des Vorschlags für den sechs Meter hohen Taubenturm ist ein inzwischen rund zweieinhalb Jahre alter Beschluss des Finanzausschusses. Nachdem die Kosten dafür dann zur vorletzten Diskussionsrunde im Februar 2016 vorlagen, dachten einige Stadträte um. 70 000 Euro – soviel sollte das Bauwerk kosten – das war ihnen doch zu viel. Letztlich bekräftigte er aber sein Ja zum Turm.

Ein Turm gilt in vielen Kommunen als das einzig adäquate Mittel zur Eindämmung der Taubenpopulation. Die Vögel werden mit reichlich Futter angelockt. Dort finden sie dann auch gute Bedingungen zur Brut vor. Ihre Eier werden aber schließlich gegen Gipseier ausgetauscht. Eine einzige Taube brütet im Jahr rund 22 Eier aus, allein im Taubenschlag in der Ortsmitte wurden zum Zeitpunkt der letzten Debatte 50 Eier gezählt.

Wenngleich die Kosten für den Taubenturm also hoch waren, hielt der Gemeinderat nach erneuter Diskussion in jenem Februar grundsätzlich am Vorhaben fest. Allerdings beauftragte er die Verwaltung damals, eine billigere Variante zu entwickeln und den Räten dann wieder zu berichten – was er nun an diesem Dienstag tun wird. Der Preis allein für Turm und Fundament, wie jetzt von der Verwaltung vorgeschlagen, liegt bei rund 50 000 Euro. Dass sich die Tauben tatsächlich anlocken lassen, davon ist der Tierschutzverein überzeugt. Dessen Vorsitzende Giesela Mayer pflegt mit Vereinsmitgliedern bisher schon den Taubenschlag in der Ortsmitte. Die Tierschützer hatten die Vögel vom Bahnhof weggelockt.

Standorttreu und lernfähig

Nun sollen die Tauben auch zu einem Turm auf ein Flurstück in der Hirschlander Straße gelockt werden – um die Population dann dort durch den Austausch von Eiern einzudämmen. Das wird freilich nicht ganz einfach. Tauben sind standorttreu und finden seit Jahrzehnten am westlichen Ortsrand und auf den Grünflächen vor der Bebauung reichlich Nahrung vor.

Doch Tauben sind nicht nur standorttreu, sie gelten auch als lernfähig, so dass sie sich schnell an veränderte Umgebungen anpassen. Unter manchen Experten gilt als einziges dauerhaft hilfreiches Mittel gegen die Plage deshalb, ihnen die Nahrungsgrundlage zu entziehen. Das würde bedeuten, dass die Menschen die Tiere nicht mehr füttern dürften. Das würde aber vor allem auch bedeuten, dass selbst Landwirte kein Korn mehr unbeabsichtigt zur Futterquelle machen. Ornithologen setzen daher nicht auf einzelne Maßnahmen, sondern auf ein ganzes Paket, um die Taubenplage in den Griff zu bekommen.