Zwei Jahre lang stand der gigantische Teilchenbeschleuniger tief unter der Region um Genf still. Jetzt werden wieder Teilchen gegeneinander geschossen. Die Physiker hoffen auf durchschlagende Erkenntnisse.

Genf - Wir sind alle schon ganz aufgeregt“, bekannte Rolf-Dieter Heuer am Donnerstag in einer Pressekonferenz. Er hat guten Grund dazu – eigentlich sogar zwei Gründe. Der Physiker ist Generaldirektor des Forschungszentrums Cern bei Genf. Als dessen Prunkstück, der Teilchenbeschleuniger Large Hadron Collider (LHC) 2008 mit einem großen Fest gestartet wurde, hielt die Freude nur kurz. Wenige Wochen später zerstörte eine Panne Teile der Maschine. Erst 2010 lief alles rund, und vor drei Jahren enthüllten die Messungen der „Weltmaschine“ das lange gesuchte Higgs-Teilchen. Das Cern erntete weltweiten Ruhm, und 2013 bekamen der Namensgeber Peter Higgs und sein Physiker-Kollege François Englert den Nobelpreis.

 

Die ersten drei Jahre lief die Anlage aber nur mit halber Kraft. Jetzt, nach 22 Monaten Stillstand und einer Aufrüstung für 150 Millionen Schweizer Franken, sollen wieder Protonen auf der 27 Kilometer langen unterirdischen Rennbahn frontal aufeinanderprallen – mit verdoppelter Wucht. Das Hochvakuum bei Temperaturen, die niedriger sind als alles, was es im Weltraum gibt, halten die Strahlrohre schon seit Dezember. Am 7. März rasten die ersten Partikel ein Stück durch den Ringtunnel. Noch in diesem Monat sollen sie die komplette Runde drehen, und Mitte des Jahres sollen zwei gegenläufige Strahlen mit der bisher nie erreichten Maximalenergie aufeinanderprallen und in einem Regen von Teilchentrümmern Geheimnisse vom Aufbau der Welt enthüllen.

Wahrscheinlich ist man in Genf aufgeregt, ob die Technik dieses Mal mitspielt. Aber Heuers Aufregung hat noch einen anderen Grund: Bis zur nächsten Wartungspause in drei Jahren wollen die Physiker nicht nur das Higgs-Teilchen genauer unter die Lupe nehmen. „Dunkle Materie“ heißt ihr Stichwort, mit dem sie hoffen, erneut die Welt zu faszinieren. Wieso fehlen in ihren Bilanzen 95 Prozent der Materie des Weltalls? Was ist diese fehlende dunkle Materie und dunkle Energie? Fabiola Gianotti, die quirlige Italienerin, die an der Higgs-Entdeckung entscheidend beteiligt war und 2016 Heuers Nachfolgerin wird, gibt sich der Presse gegenüber betont vorsichtig: „Versprechen können wir nichts. Alles ist in der Hand der Natur.“