In keinem anderen Bundesland gibt es so viele Funklöcher wie in Baden-Württemberg. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung des Verbraucherportals Verivox. Kaum besser sieht es in Bayern aus.

Wirtschaft: Ulrich Schreyer (ey)

Stuttgart - Nirgends in Deutschland gibt es mehr Orte mit einer schlechten Qualität des Mobilfunknetzes als in Baden-Württemberg. Das zeigt die jüngste Untersuchung des Verbraucherportals Verivox.

 

Die Lage im Südwesten

In 240 deutschen Ortschaften ist die Mobilfunkverbindung schlecht. Von diesen Gemeinden liegen allein 63 in Baden-Württemberg. An zweiter Stelle folgt Bayern, wo 52 Ortschaften die Note Mangelhaft erhielten. Das Verbraucherportal Verivox kommt zu dem Schluss, in knapp sechs Prozent aller Kommunen in Baden-Württemberg lasse die Mobilfunkverbindung sehr zu wünschen übrig. Dies bedeutet aber nicht, dass die Verbindungen überall in diesen Ortschaften schlecht sind. Oft gilt dies nur für bestimmte Quartiere. Zu den Kommunen, in denen es schlechte Mobilfunkverbindungen gibt, zählen Ortsteile größerer Städte, überwiegend aber geht es um kleine Ortschaften. Die Liste reicht von Quartieren in Heidelberg bis hin zu Deggenhausertal in Oberschwaben.

Schönes Dörfchen – schlechter Funk

Kommt man nach Bittelbronn, das ist ein Ortsteil von Möckmühl rund 25 Kilometer nördlich von Heilbronn, so kann es schon mal passieren, dass man mit den Worten „willkommen im Notstandsgebiet“ empfangen wird. Peter Vogel, ein Mitglied des Ortschaftsrats, hat mit seinem Anschluss noch Glück. Die Antenne auf dem Dach seines Hauses bietet ihm auch einen guten Mobilfunkempfang. Doch in anderen Bereichen des Ortes ist ein Empfang nicht möglich. Auch bei den Kupferkabeln hapert es. „Wenn fünf Leute im Ort gleichzeitig telefonieren, kommt es vor, dass das Gespräch abbricht“, sagt der Ortsvorsteher Heiko Gieser. Dass „Heimarbeit bei uns nur mit dem Kugelschreiber möglich“ ist, mag zwar etwas übertrieben klingen – doch die Mitarbeiterin eines großen Unternehmens will deshalb wegziehen.

Waldeslust – Mobilfunkfrust

Dass Städte und Ortschaften wie Baden-Baden, Bad Urach oder Geislingen an der Steige auf der Verivox-Liste mit schlechtem Mobilfunkempfang auftauchen, liegt auch an der geografischen Lage. So haben manche Gemeinden Einwohner im Wald oder auf luftigen Höhen. „Baden-Baden ist der bundesweit zweitgrößte kommunale Waldbesitzer“, sagt ein Sprecher der Stadtverwaltung. Als Beispiele dafür, wo es nicht klappt, nennt er das Lokal Scherrhof, das jedoch einen Festnetzanschluss hat. Ähnlich sieht es auch beim Gasthaus Rote Lache aus, das an die Gemarkung von Baden-Baden grenzt, aber schon im Kreis Rastatt liegt. „Wenn man einen Förster anrufen will, muss man feststellen, dass dieser in bestimmten Gebieten nicht erreichbar ist“, heißt es in Baden-Baden. In der Stadt selbst aber gebe es keine Probleme.

Hohe Berge – tiefe Täler

Auch in Bad Urach, obwohl ebenfalls auf der Liste, ist eine schlechte Mobilfunkanbindung „kein Stadtgespräch“, wie man aus dem Rathaus erfährt. „Klagen sind bei der Stadtverwaltung bisher nicht eingegangen“, meint ein Sprecher. Sollte es vereinzelte Funklöcher geben, könnte dies mit der Lage in dem tief eingeschnitten Tal zusammenhängen. Dass auch Schwarzwald-Städte wie Calw oder Bad Liebenzell auf der Liste auftauchen, könnte ein Indiz dafür sein. Das mag auch für den Heidelberger Ortsteil Ziegelhausen gelten. „Die Versorgung mit dem Mobilfunkstandard 4G wird in Heidelberg nicht flächendeckend durch die Anbieter zur Verfügung gestellt“, teilt ein Sprecher der Stadtverwaltung mit, „der Ausbau der Infrastruktur hält nicht Schritt mit dem steigenden Bedarf“. Hohe Berge, tiefe Täler, das sind wohl auch Gründe dafür, dass Bayern schlecht abschneidet – und Schleswig-Holstein dagegen recht gut.

Politik will Dampf machen

Die baden-württembergische Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut hat zumindest das Problem erkannt und will eine Arbeitsgruppe einsetzen, die helfen soll, Funklöcher rasch zu stopfen. „Wir brauchen mehr Tempo beim Ausbau der Netze“, sagte sie jüngst unserer Zeitung. Doch es gibt eben Hemmnisse für den Ausbau, über die etwa die Telekom oder Vodafone klagen: Mal steht der Denkmalschutz im Wege, mal sehen Eltern eine Gefahr für Kinder, wenn in der Nähe des Kindergartens ein Mobilfunkmast aufgestellt wird. Widerstand wird auch etwa von der Universität Hohenheim geleistet. Sie befürchtet, ein Sendemast könnte einen Versuch zum ökologischen Landbau gefährden.

So kam Verivox zu den Ergebnissen

Eine Unternehmensberatung hat im vergangenen Oktober die anonymisierten Daten von bundesweit 150 000 Smartphone-Nutzern erhoben. Und die Ergebnisse in verschiedene Klassen für die Signalstärke auf dem Handy eingeteilt.