Die Kieler Tennisspielerin Angelique Kerber will 2022 noch einmal richtig angreifen – aber ohne ihren langjährigen Coach.

Sport: Dominik Ignée (doi)

Stuttgart - Erst rein, dann wieder raus: Angelique Kerber hat einen Kurzbesuch in den Top Ten der Tennisweltrangliste hinter sich. Eine Woche lang war die Kielerin nach längerer Abwesenheit die Nummer neun der Rangliste, nach der jüngsten Berechnung ist sie wieder auf Platz 17 abgerutscht.

 

Die Besten der Welt bestreiten ab diesem Mittwoch im mexikanischen Guadalajara das ATP-Finale – ohne Kerber. Und auch ohne die an Nummer eins platzierte Australierin Ashleigh Barty, die sich die Reisestrapazen auch wegen der Quarantänevorschriften nicht mehr antun möchte in diesem Jahr. Dass Angelique Kerber nicht dabei sein würde, stand schon länger fest.

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Im fortgeschrittenen Tennisalter von 33 Jahren hat die Weltrangliste an Bedeutung für sie verloren, wie Kerber sagt. Dennoch: Die Frau, die drei Grand-Slam-Titel gewann, lässt ihre Karriere jetzt nicht auslaufen. Sie will noch einmal richtig angreifen und der Welt beweisen, was sie kann. „Die meisten wissen, dass sie schon ihr bestes Tennis spielen müssen, um mich zu schlagen. Diesen Respekt habe ich mir in den letzten sechs Monaten wieder hart erarbeitet“, sagt Angelique Kerber, und so werde sie alles dafür tun, „dass das auch so bleibt“.

Für die Saison 2022 will sich die Deutsche neu erfinden. Erster Akt der Veränderungen ist die Trennung von ihrem Trainer Torben Beltz. Man muss da schon von der imposantesten On-off-Beziehung des Tennissports sprechen, denn Kerber hat sich von Beltz jetzt insgesamt dreimal getrennt. Der 44 Jahre alte Coach betreute die Spielerin von 2004 bis 2013, dann wieder von 2014 bis Ende 2017 und zuletzt von Ende Juli 2020 an. „Für mich wird es im nächsten Schritt darum gehen, beim Saisonstart in Australien wieder da anzuknüpfen, wo ich dieses Jahr aufgehört habe. Das bedeutet auch, dass ich nach dem Ausscheiden von Torben aus dem Team mehr Verantwortung übernehmen möchte“, sagt Kerber im Interview mit ihrem Partner Porsche.

Warum die Trennung? Natürlich sei sie Beltz dankbar für die gemeinsame Zeit und auch dafür, was alles erreicht wurde. Aber: In all den Jahren hat sie gemerkt, wie wichtig es sein kann, nach einer gewissen Zeit neue Impulse zu setzen, um auch weiterhin oben mitzuspielen.

Immer noch siegfähig

Nach Startschwierigkeiten kam die beste deutsche Tennisspielerin in der zweiten Saisonhälfte des Jahres 2021 immer besser in Schwung – mit Beltz an ihrer Seite. In der dritten gemeinsamen Phase gewann sie im Juni das Rasenturnier in Bad Homburg. In Wimbledon erreichte Kerber das Halbfinale, in dem sie der späteren Turniersiegerin Ashleigh Barty alles abverlangte. Außerdem bezwang sie jüngst beim Billie-Jean-King-Cup in Prag die French-Open-Siegerin Barbora Krejcikova. Diese Erfolge haben Kerber vor allem eines gezeigt: „Ich kann gegen die Besten der Welt noch gewinnen.“

Und so nimmt die gebürtige Bremerin einen neuen Anlauf für den Herbst ihrer Karriere. „Die Hauptsache ist, dass ich gut spiele, mit dem Herzen dabei bin – und dann kommt alles andere von alleine“, sagt die Tennisspielerin. Was Angelique Kerber damit genau meint? Sie will um Titel mitspielen – und zwar bei den ganz großen Turnieren. „Das ist meine Motivation.“