Zahlen gibt es keine. Dennoch warnen Frauenrechtlerinnen vor einer zunehmenden Verbreitung des muslimischen Kopftuchs bei Mädchen in Deutschland. Sie sprechen von Kindesmissbrauch und fordern ein Kinderkopftuchverbot.

Berlin - Die Menschenrechtsorganisation „Terre des Femmes“ hat von der Bundesregierung ein gesetzliches Kopftuchverbot für Mädchen an Schulen und Kitas gefordert.

 

Eine Verschleierung im Kindesalter konditioniere Mädchen in einem Ausmaß, dass sie das Kopftuch später nicht mehr ablegen können, erklärten Vertreter der Organisation am Donnerstag in Berlin. Die Verschleierung von Mädchen aller Altersstufen sei ein zunehmendes Phänomen in vielen Schulen und sogar im Kindergarten. Sie stehe für eine Diskriminierung und Sexualisierung von Minderjährigen.

„Terre des Femmes“ machte zugleich auf eine Unterschriftenaktion unter dem Titel „Den Kopf frei haben!“ aufmerksam, mit der der Forderung nach einem gesetzlichen Verbot des Mädchenkopftuchs Nachdruck verliehen werden soll. Die Petition wird den Angaben zufolge unter anderem von der Schauspielerin Sibel Kekilli, Frauenrechtlerin Alice Schwarzer und dem Islamexperten Ahmad Mansour unterstützt. Auch Organisationen wie der Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte und der Berufsverband der Frauenärzte beteiligen sich an der Aktion.

Verschleierung von Mädchen sei keine harmlose religiöse Bedeckung des Kopfes

„Das Kinderkopftuch ist für uns eine Kinderrechtsverletzung“, sagte die Bundesgeschäftsführerin von „Terre des Femmes“, Christa Stolle. Die Organisation dringe deshalb auf „ein faires Regelwerk - um nicht zu sagen Verbot-, um Mädchen die Chance zu geben, gleichberechtigt, selbstbestimmt und frei aufwachsen und leben zu können - und wir fordern das für alle Mädchen, egal aus welchem Kulturkreis“.

Die Verschleierung von Mädchen sei keine harmlose religiöse Bedeckung des Kopfes, fügte die Frauenrechtsorganisation hinzu. Sie stelle eine geschlechtsspezifische Diskriminierung und eine gesundheitliche Gefahr dar. Die Chancen der Mädchen auf eine gleichberechtigte Teilnahme am gesamtgesellschaftlichen Leben würden massiv eingeschränkt. Öffentliche Schulen müssten für alle Minderjährigen eine angstfreie Entwicklung ermöglichen und als neutrale staatliche Orte religiöse und ideologische Symbolik vermeiden, hieß es. Besonders problematisch sei, dass zuletzt im Internet Videos veröffentlicht wurden, die bereits Babys mit Hidschab zeigten. „Hier geht es nicht mehr um die Ausübung des eigenen Glaubens, sondern um Missbrauch von Kindern für fundamentalistische Zwecke“, so Stolle.

Petition für ein Kopftuchverbot stößt auf Gegenwind

Die Direktorin des Frankfurter Forschungszentrums Globaler Islam, Susanne Schröter, betonte, dass es vor rund 20 Jahren noch keine Mädchen mit Kopftuch an deutschen Grundschulen gegeben habe. Inzwischen sei dieses Phänomen vielerorts zu beobachten. Das sei eine neue Entwicklung. Genaue Zahlen, wie viele Mädchen in Deutschland das muslimische Kopftuch tragen, gebe es allerdings nicht. Die Berliner Juristin Seyran Ates sagte, das Kopftuch befördere „Geschlechterapartheid“. Das Kinderkopftuch sei aus ihrer Ansicht zudem Kindesmissbrauch.

Zugleich räumte „Terre des Femmes“ ein, dass die im Juni gestartete Petition für ein Kopftuchverbot in der Öffentlichkeit mit erheblichen Gegenwind zu kämpfen habe. So würden die großen Onlineplattformen für Petitionen die Aktion „Den Kopf frei haben!“ nicht verbreiten. Viele Menschen wollten sich nicht gegen ein Kinderkopftuch positionieren, aus „Angst als rassistisch und rechtspopulistisch abgestempelt zu werden“, so Stolle. Bislang hätten weniger als 10.000 Personen die Petition für ein Verbot des Kinderkopftuchs unterzeichnet.