Der Textilhandel leidet, der Buchhandel frohlockt. Noch will sich aber fast kein Einzelhändler in der Innenstadt wegen der Coronakrise geschlagen geben. Und es gibt zwei Bestseller: Bücher und Gold.

Stuttgart - Seit vergangenen Samstag hat sich die Lage im Textilhandel wegen der Corona-Krise noch einmal stark verschärft. „Die Appelle der Stadt fruchten“, sagt Florian Henneka, Inhaber von Korbmayer, „die Leute bleiben zu Hause.“ Selbst das Traditionshaus in der Schulstraße bangt nun „um seine Existenz“. Noch kann Henneka seine Mitarbeiter irgendwie beschäftigen, doch all das sei kaum noch betriebswirtschaftlich. Auf die Frage, ob er bald schließen werde oder auf das Signal der Ordnungsmacht warte, flüchtet sich Florian Henneka in Sarkasmus: „Es macht keinen Unterschied, es kommt ja so oder so niemand mehr.“

 

Für den Handelsverband Baden-Württemberg wäre es jedoch einer der schlimmsten Fälle, der eintreffen könnte. Eine staatliche Verordnung, die es nur noch Apotheken und Lebensmittelläden erlaubt, den Betrieb aufrechtzuhalten, lehnt Handelsverbandspräsident Hermann Hutter noch ab: „Wir hoffen nun vor allem darauf, dass die Politik die Nerven behält und die Geschäfte offen bleiben dürfen.“ Citymanager Sven Hahn sieht das anders: „Natürlich wäre es wünschenswert, wenn die Läden in dieser Krise offen bleiben könnten. Aber hier haben die Gesundheitsexperten das Sagen, nicht wir oder der Handel.“

Hollisters Türen sind vergittert

Nach einer Umfrage des Handelsverbandes befürchten fast alle befragten Händler eine Verschärfung der Lage. Auch Sven Hahn kann sich so ein Szenario vorstellen. Große Firmen wie Apple warteten nicht auf die Staatsräson. Bis auf China seien weltweit alle Apple-Läden geschlossen, berichtet ein Mitarbeiter des Apple-Resellers Gravis in Stuttgart. Dort rechnete man daher mit einem Ansturm der Kunden. Doch der blieb zumindest am Montag noch aus. Daher ist man auch dort gespannt, wie lange Gravis und alle anderen Läden in der Stadt noch geöffnet haben werden. Gravis-Nachbar Notebooks-Billiger.de wollte oder konnte nicht länger warten: Der Laden in der Passage zur Lautenschlagerstraße hat geschlossen.

In der Stuttgarter Innenstadt machen jedoch so gut wie alle Einzelhändler vorerst weiter. Aber auch hier gibt es Ausnahmen: Die Tür des Textilhändlers Hollister in der Stiftstraße ist vergittert.

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Wie in jeder Krise typisch, hat auch die Corona-Krise ihre Profiteure. Ein Mobilfunkanbieter in der Schulstraße ist daher frohen Mutes: „Wir bemerken keinen Rückgang.“ Offenbar gehöre, so seine Vermutung, die Ausstattung und die Versorgung mit mobilem Funk für Menschen zu etwas ganz Wichtigem.

Bücher sind gefragt

Grundnahrungsmittel sind in diesen Tagen gefragt. Dazu zählt nun auch geistige Nahrung. „Bei uns ist der Laden voll“, meldet Rainer Bartle vom Buchhaus Wittwer-Thalia an der Königstraße: „Die Leute hamstern Bücher, um gut versorgt zu sein, falls sie ganz zu Hause bleiben müssen.“ Was in diesem Fall nicht unvernünftig ist, ist bei anderen Hamsterkäufen wie etwa dem Toilettenpapier eher fragwürdig. Eine besondere Art, Reserven anzuhäufen, war in der Kronprinzstraße zu beobachten. Über den ganzen Tag verteilt bildeten sich vor einem Goldhändler Schlangen. Weil sich die Goldhamster ob der mitgeführten Werte mitunter äußerst nervös und aggressiv verhielten, waren auch Sicherheitskräfte nötig.