The Dirty Waters vereinen gut gemachten Indie-Rock mit einem neohippiesken Lebensgefühl. Das neue Album „Chaos“ ist ebenso ein Erlebnis wie die Livekonzerte der Band – wenn man denn mal etwas davon mitbekommt.

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Stuttgart - The Dirty Waters sind Stuttgarts bestgehüteter Pop-Geheimtipp. Dabei hat die Gruppe von guten Songs über die richtige Attitüde bis zur treuen und gut aussehenden Fanbasis alles, was man zum Erfolg braucht – aber daraus ein hervorragend gehütetes Geheimnis macht. Jüngst fand die Releaseshow für das Album „Chaos“ (Selbstverlag) in einem Feuerbacher Privatgarten statt. Zwar coronakonform und beim Ordnungsamt angemeldet, aber erfahren konnte man von dem Event nur über eine private Gruppe beim Messagingdienst Whatsapp.

 

Musikalisch wirft die Gruppe den Zuhörer in eine Indiedisco des Jahres 2006, als Mando Diao, die Kaiser Chiefs und andere die Tanzflächen mit schwitzenden Menschen in Röhrenjeans füllten. The Dirty Waters und ihr Publikum sind aber schon optisch kein müder Abklatsch der gealterten Twens von damals.

Neohippieskes Milieu

Vielmehr taucht man bei den stets ekstatischen Konzerten an gerne ungewöhnlichen Orten (etwa dem Modeladen „Abseits“ oder in einer temporären Location beim Nordbahnhof) in ein neohippieskes Milieu ein, das Second-Hand-Klamotten stilsicher mit Batiktüchern mischt und sich dabei selbst genügt – jedenfalls solange die Musik gut ist. Die Liste der bei der Releaseshow verlorenen und später wiedergefundenen Gegenstände in der besagten Whatsapp-Gruppe spricht jedenfalls dafür, dass diese Leute feiern können, und die vier Musiker zählen definitiv dazu.

The Dirty Waters liefern den Soundtrack zu alledem: Im klassischen Rockband-Setup trauen sie sich den beherzten Griff in die Saiten ebenso wie den leichthändigen Ritt über die Becken, sie spielen eher klassische Bluesrock-Stomper („Too Blind“) ebenso wie zur Hardrocknummer ausgebaute Westküsten-Lagerfeuerhymnen mit vermutlich gar nicht intendiertem Verweis auf einen Stuttgarter Stadtteil („Summerrain“).

Ein Lebensgefühl

Das alles gibt es live bislang fast ausschließlich für eine eingeschworene Community und für alle anderen jetzt zumindest auf Spotify und CD. Wobei der Rest der Welt ja gar nicht weiß, was er bislang verpasst hat. Aber Dabeisein ist ja oftmals alles, erst recht für die postkonsumistische Jugend.

Hier wartet jedenfalls eine Band darauf, entdeckt zu werden, die dieses Lebensgefühl hervorragend abbildet und bislang nachgewiesenermaßen auf die große Rockstarkarriere pfeift. Weil sie das ja wiederum besonders authentisch macht, könnte den Dirty Waters ihr Geheimtipp-Status ja bald doch noch etwas nützen.