Die Retrospektive von The Kooks im ausverkauften LKA zeigt, dass nicht alle "The-Bands" tot sind. Im Gegenteil: die Briten sind sogar noch besser als damals - und das Publikum bei weitem nicht nur Ü30.

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Stuttgart - Vor elf Jahren eroberten The Kooks mit Songs wie "She Moves in Her Own Way" die Herzen der Indiediscomenschen (wer jetzt nicht sofort einen Ohrwurm hat, klicke bitte hier). 2006 war die Indie-Pop-Rock-Welle auf dem Höhepunkt. Ihr Epizentrum waren 2001 The Strokes und The Libertines, mit deren späterem Untergang auch der "heroisch-männliche Indierock" verglühte - schreibt der Popkritiker Jens Balzer in seinem Rundumschlagbuch "Pop". Das Attribut "heterosexuell" gehört unbedingt auch noch dazugeschrieben, denn das sind diese Männerbands natürlich alle und fast scheint es, als stehe "heterosexuell" in der Popkritik für irgendwie zurückgeblieben.

 

Am Sonntagabend, 21. Mai 2017 steht mit The Kooks eine Band auf der Bühne des ausverkauften LKA, deren erster Song angeblich ein Strokes-Cover war und die Songzeilen wie "And I Will Do My Best / Just To Get Under Her Dress" singt. In ihrer britischen Heimat füllen sie damit sogar große Hallen. Hat da vielleicht doch ein Rest heroisch-männlich-heterosexueller Indierock überlebt? Die englischsprachige Fachpresse lässt das vermuten. Sie schreibt, dass The Kooks per Streaming neue, junge Fans gewonnen hätten. Auch in Stuttgart?

Natürlich finden sich im LKA Fans der ersten Stunde, übrigens mehr Frauen als Männer - aber tatsächlich auch viele, die 2006 kaum dabeigewesen sein können. Das ist schön zu sehen, denn die traurige Geschichte zahlreicher "The"-Bands, für die sich irgendwann keiner mehr interessiert hat, scheint zumindest nicht alternativlos: Ja, es gibt Orte, an denen die Musik auch 2017 gespielt wird, und zwar nicht nur für die Ü30-Generation - Popkritikerabgesang hin oder her.

Nicht stehengeblieben

Wer The Kooks nach ihrem ersten Album aus den Augen verloren hat, staunt. Die Band, die derzeit mit einem ersten retrospektiven Greatest-Hits-Album auf Tournee ist, hat sich in den elf Jahren enorm entwickelt. Einige Songs tauchen tief in Funk und Disco ein, andere nähern sich der klassischen Rocknummer, es gibt eine Pianoballade und dann kommt schon wieder eines dieser sonnigen Indie-Pop-Lieder ums Eck.

Zusammengehalten wird das alles von der näselnden Tenorstimme des Sängers Luke Pritchard, der selbst die Refrains herrlich vernuschelt ins Mikro schlonzt und ansonsten sein Bestes tut, um das Publikum auch an einem Sonntagabend zu animieren. Der Rest der Band präsentiert sich spielfreudig; man hat es hier mit professionell ausgebildeten Musikern zu tun, die sich an ihren eigenen Songs offenbar immer noch erfreuen. Bei all den Wieder- und Neuentdeckungen fällt besonders die Nähe zu klassischem britischem Pop auf, der seit den Beatles so transparent und leicht schon immer nur auf der Insel gespielt wurde. 

Seit 2006 sind die Röhrenjeans etwas weiter geworden. Bärte wuchsen und werden jetzt wieder abrasiert, man ließ Tattoos stechen und findet Schallplatten wieder cool (und kauft am Merchstand vielleicht das 2006er-The-Kooks-Album für sage und schreibe 30 Euro). The Kooks und einige andere aufrechte Bands aus der Mitte der Nullerjahre (man denke an Maximo Park) sind immer noch da und sind auch musikalisch nicht stehengeblieben. Gut so!


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