Im Kino hat der Film „Tigermilch“ über die beiden Großstadtschnallen Nini und Jameelah schon einiges Aufsehen erregt. Nun bringt das Stuttgarter Jugendtheater Jes den Stoff auch auf die Bühne. Eltern sollten den Besuch besser meiden.

Kultur: Adrienne Braun (adr)

Stuttgart - Als kleine Mädchen werden sie harmlos geschaukelt haben, jetzt spielen Nini und Jameelah „Stadt, Land, Aids“ mit schlimmen Krankheiten. Sie mixen Maracujasaft und Weinbrand, sagen „Lustballon“, „Nacktschicht“ oder „klar, du Doof“. Es ist Sommer, es ist heiß – und Nini und Jameelah sind übermütig und hormongesteuert, typische Teenies eben, die ständig an Grenzen gehen und sich auch mal aufgebrezelt auf „die Kurfürsten“ zu den Prostituierten stellen. „Wir müssen wissen, wie alles geht, damit uns keiner was kann“, sagen sie – und sind plötzlich doch nicht mehr so erfreut, als sie bei einem „ganz schön alten Typ“ um die dreißig im Bett liegen, für 100 Euro.

 

Das Junge Ensemble Stuttgart hat sich mit „Tigermilch“ keines der typischen Adoleszenzdramen vorgenommen, in denen es um Pickel, erste Küsse und Helikoptereltern geht. Der Roman von Stefanie de Velasco, der im vergangenen Jahr auch ins Kino kam, ist eine Gangart härter. Die Freundinnen kommen nicht aus der besten Gegend – Ninis Mutter liegt meist dumpf auf dem Sofa. Im Wohnblock kommt es zu Konflikten zwischen den verschiedenen Kulturen; ein Ehrenmord bringt alles durcheinander. Vor allem soll Jameelahs Familie abgeschoben werden. „Aber du kannst doch nicht mal Arabisch“, sagt Nini.

Dieses Stück ist nichts für Eltern

Das Jes konnte den erfolgreichen Regisseur Nurkan Erpulat gewinnen, der an den großen Bühnen des Landes arbeitet. Er hat das Motto der Mädchen – „Das Gegenteil von Leben ist Langeweile“ – beherzigt und „Tigermilch“ mit Tempo inszeniert. Berliner Stadtansichten und S-Bahn-Fahrten werden eingeblendet, Musik und Geräusche theatralisch genutzt.

Anna-Lena Hitzfeld und Shari Asha Crosson sind ein gutes Team. Sie jagen über die Bühne, wechseln von einer Laune zur nächsten und geben dabei präzise das Lebensgefühl junger Menschen wieder mit dieser typischen Mischung aus Melancholie und Selbstüberschätzung. Vor allem Shari Asha Crosson als Jameelah spielt sich übermütig in den Vordergrund, ist rotzfrech, herausfordernd und immer mit großer Klappe einen Schritt voraus. Nur wenn Lukas aufkreuzt, ihr Schwarm, beißt sie der Freundin panisch in den Arm. So ist „Tigermilch“ das perfekte Stück für Jugendliche ab 15 Jahre, aber eher nichts für Eltern – weil man gar nicht so genau wissen mag, was nicht nur das Leben, sondern der junge Mensch sich selbst antut.

Vorstellungen am 12. und 13. März, 14. und 16. April. Karten: 07 11 / 21 84 80 18