Das Theater der Altstadt spielt den „Jedermann“ an einem besonderen Ort: der Johanneskirche am Feuersee.

Kultur: Adrienne Braun (adr)

Stuttgart - Da gibt es kein Vertun: Der Mann ist reich, schwerreich sogar. Vornehm sein Haus, in dem prächtige Feste gefeiert werden. Und als er endlich das passende Grundstück für einen Lustgarten gefunden hat, ist die Kreditkarte schnell gezückt. Für eine kleine Spende für den verarmten Nachbarn reicht es dagegen nicht. „Unsereins ist hart geplagt“, erklärt der Reiche. Sein Geld müsse „werken und laufen“, drum könne er nichts verschenken.

 

Geld regiert die Welt. Doch wenn es ans Sterben geht, kommt man nicht weit damit. Das muss der Jedermann schmerzlich erfahren. In dem Stück von Hugo von Hofmannsthal klopft der Tod vor der Zeit an der Tür des Reichen. Geschickt von Gott persönlich soll er die Menschen, die „in Sünd ersoffen“, vors Jüngste Gericht zerren. Da wird’s sogar dem selbstbewussten Jedermann bang ums Herz.

Seit hundert Jahren wird der „Jedermann“ bei den Salzburger Festspielen aufgeführt, die Hofmannsthal mitbegründete. Nun hat sich das Theater der Altstadt „Das Spiel vom Sterben des reichen Mannes“ vorgenommen und einen Spielort gewählt, an dem Gott quasi zu Hause ist: die Johanneskirche am Feuersee. Zwischen den neogotischen Spitzbögen der evangelischen Kirche stellt sich die Frage nach dem Glauben ganz unmittelbar.

Hofmannsthal orientierte sich an Mysterienspielen zum Glauben

Der „Jedermann“ könnte das passende Stück für unsere Zeit sein, in der ja auch die meisten Werte dem Profit geopfert werden und man fragen kann, ob der Sinn des Lebens nur in der Gewinnmaximierung liegt. Doch Hofmannsthal orientierte sich an spätmittelalterlichen Mysterienspielen, in denen allein der Glaube verhandelt wurde. So mahnt Jedermanns Mutter (Susanne Heydenreich) „Sei deines Herrgotts eingedenk“.

Für die Inszenierung in der Johanneskirche wurde nicht nur eine Bühne um den Altar gebaut, sondern der Text auch gekürzt – und hat doch trotzdem noch vereinzelt Längen hat. So dicht die komplett in Versen geschriebenen Texte sind, ist die Konstruktion des Stückes doch schlicht. Im ersten Teil werden die lasterhaften Seiten des Jedermanns durchgespielt, der viel feiert und sich mit seiner Geliebten, der „Buhlschaft“ vergnügt, statt solide zu heiraten. Als der Tod vor seiner Tür steht, kann er eine Galgenfrist aushandeln, doch weder die Freunde noch der gute Diener wollen ihn auf diesem letzten Weg begleiten. Erst der Glaube, gespielt von Charis Hager, öffnet ihm schließlich die Himmelspforte.

Bei der Inszenierung hätte man etwas am Pathos sparen können

Auf der Bühne großes Personal, neben dem Ensemble des Theaters der Altstadt spielt auch eine Laienschar. Man ahnt, wie intensiv der Regisseur Uwe Hoppe mit den Amateuren geprobt hat, die ihre Sache gut machen – und nicht nur anonyme Masse mimen, sondern fast solistisch unterschiedliche Typen geben. Stark ist Jens Woggon als Jedermann, den er heutig, kraftvoll und präsent spielt.

So ist dieser besondere Theaterabend schauspielerisch überzeugend. Das Ambiente ist imposant. Auch die Orgelmusik (Georg Ammon) von Bach bis Astor Piazzola sorgt für ein Gefühl der Erhabenheit. Und doch hätte es nicht geschadet, ein wenig am Pathos des Stückes zu kratzen.

Vorstellungen: 7. bis 9., 13. bis 15., 20. bis 22., 28., 29. Februar und 1. März