Christian Stückl inszeniert in Oberammergau den von Feridun Zaimoglu bearbeiteten „Moses“. Der Regisseur ist katholisch, der Autor muslimisch und der Stoff jüdisch. Trotzdem: der Bibelstoff bleibt flach.

Manteldesk: Mirko Weber (miw)

Stuttgart - Zu den größten Vorteilen, die es mit sich bringt, wenn ein halbes Dorf miteinander Theater spielt, zählt folgender: Die Schauspielerei kommt auf einer Berufsnormalitätsstufe an, auf der sich Maler und Fliesenleger bewegen – und die man den aufgebrezelten Festspielen in Bayreuth oder Salzburg wenigstens teilweise wünschen würde.

 

Oberammergauer Mimen, Freizeitkräfte wohlgemerkt, welche eben noch professionell Ägypter oder Hebräer auf der Bühne waren und nun in der Pause mit der Halben in der Hand oder mit der Kippe im Mund übers Gelände latschen, sind keine Seltenheit. Und eine Begrüßung wie die vom Hausherrn und Regisseur Christian Stückl hört man ebenfalls nicht alle Tage. Aufkommenden Beifall im nur zu einem Drittel abgehängten und ausverkauften Haus mit Blick aufs Gebirg unterband er mit dem Flaps, es habe ja noch keiner was gesehen – also Vorsicht mit Vorschusslorbeeren! Im Übrigen gebe es auch keine Pausenklingel: „Kommt’s halt nach zwoanzig Minuten wieda nei. Vui Spaß!“

Nach einer aufregend neuen (2000) und einer schon fast altmeisterlich virtuosen (2010) Deutung der seit 1634 alle zehn Jahre in Oberammergau zu zeigenden Passionsgeschichte ist Stückl, hauptberuflich Leiter des Münchner Volkstheaters, dazu übergegangen, die zwischen den Fixdaten liegende Zeit nicht verstreichen zu lassen, ohne biblische Stoffe aufzuarbeiten. Letztes Jahr paraphrasierte er theatralisch Thomas Manns „Joseph und seine Brüder“, heuer „Moses“, wie er in den Büchern Mose und den jüdischen Legendensammlungen erscheint, die der in Kiel lebende Feridun Zaimoglu zusammen mit Günter Senkel beträchtlich aufwendig bearbeitet hat. Jüdischer Stoff, ein muslimischer Autor mit norddeutschem Hintergrund und ein katholischer Regisseur: mehr bunte Mischkultur geht nicht.