Im Krieg hat der Theresienturm in Heilbronn viele Menschen bei Bombardements beschützt. Jetzt ist er wieder zugänglich. Innen sieht es noch so aus wie damals.

Heilbronn - Jedes Jahr, wenn am Abend des 4. Dezember die Glocken der Heilbronner Kilianskirche in Erinnerung daran läuten, dass an diesem Tag die Stadt im Bombenhagel unterging, sei ihre Familie zusammengekommen und habe geschwiegen. Das erzählt eine Heilbronnerin, die als Zweijährige mit der Mutter und ihren Geschwistern im Theresienturm den Angriff der Royal Air Force überlebte, der als „Probelauf“ für die Bombardierung Dresdens galt. Nun wollte sie unter den ersten sein, die den Hochbunker betreten, der jetzt als Gedenkstätte eingeweiht wurde, weil er vermutlich mehr als tausend Heilbronnern das Leben rettete.

 

Es sind sehr viel Heilbronner gekommen, um diesen historischen Moment mitzuerleben – und sie haben viel dafür gespendet. 250 000 Euro kostete es, den Turm zugänglich zu machen, das Geld wurde über die Bürgerstiftung gesammelt, es war in wenigen Wochen beieinander.

Über eine neue Rampe aus Cortenstahl kann der knapp 30 Meter hohe Turm jetzt betreten werden, die schwere Eisentür dafür liegt in einer Höhe von sieben Metern. Davor kann man auf Stahlstelen dessen Geschichte nachlesen: 1940 wurde er als Flakstellung und Luftschutzraum in der sogenannten Bauweise Dietel errichtet, solch einen Hochbunker gibt es sonst nur noch einmal in Deutschland, und nach dem Luftwaffengeneral Walther Wever (1887 bis 1936) benannt, der als Chef des Generalstabs der Luftwaffe für Göring die Luftabwehr aufbaute. Erst vor drei Jahren wurde er auf Drängen einzelner Heilbronner vom Gemeinderat in Theresienturm umbenannt. Von 1944 an war er ein Luftschutzraum für die Bahnhofsvorstadt, 1990, nach einer wechselvollen Teilnutzung, kaufte ihn die Stadt dem Bund ab. Sie ließ ihn für 100 000 Euro sanieren und hat nun das Umfeld entsprechend gestaltet.

Aus Brandschutzgründen dürfen den Turm höchstens 15 Personen in einer Gruppe betreten. Das Wort „authentisch“ umschreibt exakt was man zu sehen bekommt: Am Eingang muss man sich bücken, mit eingezogenem Kopf geht es über sechs Stockwerke spiralförmig nach oben. Es ist dunkel, man verliert die Orientierung. Ein alter Heilbronner, der dort den Angriff erlebte, erzählt, unter den an die Mauern gedrängten Menschen seien sehr viele Kinder gewesen, alle hätten geschwiegen. „Abort“ steht über zwölf Türen, die Schüsseln sind ebenso noch im original erhalten wie die Waschstellen in jedem Stockwerk und die Haken an den Wänden der runden Mannschaftsräume, an denen die Feldbetten hochgezogen wurden. Ein liegengebliebener Schuh erzählt mehr als viele Worte.

In diesem Jahr jährt sich der Tag der Zerstörung Heilbronns zum 75. Mal, die Öffnung des Turms ist der erste Schritt für das anstehende Gedenken. Die Theresienwiese davor dient während der Bundesgartenschau als Großparkplatz, viele Besucher werden an dem Turm vorbeikommen. Das Stadtarchiv hat mehr als 80 Führer ausgebildet um der Nachfrage Herr zu werden. Gelegentliche Öffnungen des Gemäuers in den vergangenen Jahren hatten stets einen Ansturm zur Folge.